"Von allen guten Geistern verlassen"

TRIER. Die Saarbrücke bei Wiltingen ist zum politischen Kuriosum geworden. Es gibt zwei Varianten eines Neubaus, doch welche es denn nun sein soll, bleibt unklar. Nach einer hitzigen und sehr langen Diskussion vertagte der Kreistag Trier-Saarburg am Montagabend die definitive Entscheidung.

1000 Meter sind für Autofahrer, Langläufer und Geographen keine ernst zu nehmende Entfernung. In der Diskussion um den Neubau der Wiltinger Brücke sind diese 1000 Meter jedoch Dreh- und Angelpunkt einer politischen Diskussion, die offenbar kein Ende findet. Die Ausgangslage ist einfach: Die alte Brücke muss weg, das Ende ihrer Lebensdauer ist absehbar. Eine neue Brücke soll errichtet werden. Wo soll die neue Brücke hin?

Variante 1 : Sie entsteht direkt neben der alte Brücke, die abgebrochen wird. Die K 147 wird ausgebaut und schließt die Lücke im Radweg zwischen Kanzem und Saarburg. Variante 2 : Die neue Brücke entsteht 1000 Meter flussabwärts zwischen Kanzem und der Wiltinger Kläranlage. Die Lücke im Radwegenetz wird durch einen Randstreifen parallel zur Straße zwischen der alten Brücke und dem Abzweig nach Schoden geschlossen. Radfahrer müssten auf dieser 1,5 Kilometer langen Strecke die geringe Distanz zum motorisierten Verkehr hinnehmen. Das Problem: Variante 2 liegt im Hochwasser-und Naturschutzgebiet. Landrat Richard Groß befürwortet Variante 1. Der politische Altmeister, dessen Abschied in den Ruhestand am 30. Dezember in der Hermeskeiler Hochwaldhalle offiziell gefeiert wird, hielt auch am Montag an seiner Meinung fest, betonte aber, er wolle das Thema "ohne gewaltiges gefühlsmäßiges Engagement" behandeln. Schon in der ersten Wortmeldung, sie kam von Bernd Henter (CDU), wurde deutlich, dass der Kreistag sich noch nicht definitiv für eine Variante entscheiden wird. "Ohne genaue Zahlen können wir keine Entscheidung treffen", betonte Henter. "Wir brauchen ein deutliches Signal von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, das erkennen lässt, ob Variante 2 genehmigungsfähig ist oder nicht." Hugo Kohl (FWG) bestätigte: "Wir müssen von den Behörden präzise Untersuchungen verlangen." Hier kam Alfons Maximini (SPD) ins Spiel. "Die Behörden brauche zunächst einmal eine Grundlage für derartige Untersuchungen." Der Beschlussantrag, den der Kreistag gegen die Stimmen der Grünen und des Landrats annahm, bestand aus einer von Maximini ergänzten Vorlage der CDU-Fraktion. Eine Wasserspiegellagen-Berechnung soll die Hochwasser-Frage klären. "Diese Berechnung haben wir bereits angestoßen", konnte Edeltrud Bayer, Chefin des Landesbetriebs Straßen und Verkehr, vermelden.Fachlich abgesicherte Aussagen

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Berechnung soll der Landesbetrieb eine prüfbare Planung erstellen, die Grundlage einer landespflegerischen Beurteilung durch die SGD Nord sein soll. Außerdem fordert der Beschluss "eindeutige und fachliche abgesicherte Aussagen darüber, ob und welche Belange der Landesplanung, des Naturschutzes und der Landschaftspflege einem Brückenneubau an beiden Standorten entgegen stehen". Heide von Schütz (Bündnis 90/Die Grünen) hatte keine Probleme damit, diese Fragen bereits jetzt zu beantworten: "Wir können nur dazu auffordern, mit derartigen Traumtänzereien aufzuhören", betonte sie. "Wer sich einen Brückenneubau mitten im Hochwasser-und Naturschutzgebiet wünscht, muss wohl von allen guten Geistern verlassen sein. Dieser Beschlussantrag ist lediglich eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Verwaltung." Mittlerweile hat es bei der SGD Nord in Koblenz eine Erörterung der Standortfrage gegeben, davon kündet ein Gesprächsvermerk. Dieser bestätigt das Statement der Grünen und liest sich wie das Todesurteil der Variante 2. "Das Neubaukonzept führt zu einem erheblichen und nicht ausgleichbaren Eingriff in Natur und Landschaft", heißt es darin. Und: "Ein Raumordnungsverfahren würde negativ ausgehen und macht daher keinen Sinn." Das will die CDU so nicht akzeptieren. "Es muss doch möglich sein, von der SGD Nord mehr zu bekommen als einen Gesprächsvermerk", sagte Rudolf Müller.

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