Wandern auf des Dichters Spuren

SCHWEICH/LEIWEN. "Wer den Dichter will verstehen, soll in Dichters Lande gehen." Das Goethe-Wort beherzigend, gestaltet die Stefan-Andres-Gesellschaft den idyllischen, nach dem 1970 verstorbenen Dichter und Schriftsteller Stefan Andres benannten Wanderweg von Schweich nach Leiwen noch attraktiver und übersichtlicher. Der Weg führt direkt durch "Dichters Lande" und dürfte zum Verstehen seiner Werke einiges beitragen.

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, auf dem Zenith seines literarischen Schaffens, zählte Stefan Andres zu den bekanntesten und meist gelesenen Autoren deutscher Sprache. Zehn Jahre nach seinem Tode erreichte die Gesamtauflage seiner Werke die zwei Millionen-Grenze. Derweil konnte der 1987 eröffnete Stefan-Andres-Wanderweg, obgleich ein Kleinod moselländischer Kulturlandschaft, nie mit dem Bekanntheitsgrad seines berühmten Namensgebers Schritt halten. Von der Allgemeinheit wenig wahrgenommen, blühte er eher im Verborgenen. "Das soll sich ändern", sagt Dieter Dawid vom Vorstand der Stefan-Andres-Gesellschaft. Weil ihm der Wanderweg besonders ans Herz gewachsen ist, ließ er sich, um seine Ideen zu verwirklichen, zum Wegewart küren. Primär gilt es, Bestandsaufnahme zu machen. Gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Herbert Pies und Hermann Erschens erwandert Dawid, ausgehend vom Stefan-Andres-Brunnen in Schweich, bis zur Zummethöhe bei Leiwen den gesamten Stefan-Andres-Weg - 21 herrliche Kilometer. Wegweiser erforderlich

Dabei erfreut sich das Trio nicht nur des sich immer wieder bietenden eindrucksvollen Panoramablicks und der vielfältigen Schönheit der Natur. Vor allem Wanderwart Dawid hat auch ein Auge für die kleinen Dinge am Wege, insbesondere für die, die fehlen. "Hier bedarf es jeder Menge Wegweiser an den Bäumen, damit der Wanderer weiß, wo es lang geht", konstatiert er und verweist auf die kleinen, rechteckigen Schildchen mit Richtungspfeil und stilisiertem, aufgeschlagenem Buch. Letzteres ist unschwer als literarische Assoziation zu Stefan Andres zu erkennen. "Bei all dem, was mir vorschwebt, geht es nicht darum, die Natur zu verändern", betont Dieter David. Vorrangiges Ziel sei es, den Weg als Ganzes in seiner kulturhistorischen Bedeutung und seiner landschaftlichen Schönheit zu präsentieren, die Orientierung zu erleichtern und dem Wanderer inmitten der Natur Möglichkeiten zu erfrischender Rast oder erbaulichem Verweilen aufzuzeigen. Um indes den Wanderweg nicht nur per pedes, sondern auch auf den Schwingen des Geistes, in memoriam Stefan Andres, zu erleben und zu verstehen, haben Herbert Pies und Hermann Erschens einen knapp 80-seitigen literarischen Begleiter verfasst. Titel: "Der Stefan-Andres-Wanderweg". Die Streckenführung hat Herbert Pies erarbeitet. Sie orientiert sich an Punkten, an denen der Dichter lebte oder zu denen er enge Beziehungen hatte, die vielfach auch Schauplatz seiner Novellen, Erzählungen und Romane sind. Speziell diese Punkte werden, garniert mit Passagen aus Stefan Andres' Werken, detailliert und interessant beschrieben. Was aber wäre eine Wanderung auf den Spuren des Dichters, ohne an einem malerischen Ort bei guten Gesprächen und ebensolchen Speisen und Getränken Körper und Geist neu zu beleben. Schnell haben die drei Wanderfreunde ein geeignetes Plätzchen gefunden. Genussmensch Stefan Andres

"Als Hedoniker sah Stefan Andres nicht zuletzt im Genießen Sinn und Zweck menschlichen Handelns. Des Dichters Denk- und Lebensweise hilft zu verstehen und ist uns Verpflichtung zugleich", philosophiert Dieter Dawid schmunzelnd. Herbert Pies entkorkt eine Flasche Moselwein erlesener Provenienz.

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