Wenn Kerzenlicht im Glas sich spiegelt...

LONGUICH. Glaskorken gelten als bahnbrechende Neuerung bei der Flaschenweinabfüllung. Nach mehrjährigem, erfolgreichem Versuchsstadium sagt die Fachwelt den neuen Verschlüssen einen Siegeszug voraus. Ihre Premiere in der Region feierten die Glaskorken in Longuich. Wie sie funktionieren, demonstrierten fünf Longuicher Jungwinzer bei einer Gemeinschaftsabfüllung im Longuicher Weingut Hansjosten.

Einen der Superkorken hält Kellermeister a.D. Gerhard Kirchen zwischen Daumen und Zeigefinger. Interessiert betrachtet er ihn aus nächster Nähe. "So etwas habe ich in mehr als 50 Berufsjahren noch nicht gesehen und auch nicht für möglich gehalten", sagt er sichtlich beeindruckt. Rohstoff Kork wird langsam knapp

Dabei sind die durchsichtigen Glaskorken keineswegs von ungewöhnlicher Form. Sie haben lediglich, wie zahlreiche andere Korken auch, am oberen Ende eine Ausweitung, damit sie auf dem Rand des Flaschenhalses aufliegen. Worauf es funktionell ankommt, ist ein Gummiring, der es erlaubt, die Flasche sowohl beim Abfüllen als auch später in angebrochenem Zustand gleichermaßen schnell und dicht zu verschließen. Bei der frisch abgefüllten Flasche garantiert ein "Siegelcap" (Metallkappe) ihre Unberührtheit. Korken, speziell die zum Verschluss von Weinflaschen, so war zu hören, müssen nicht unbedingt aus Naturkork bestehen. Der Begriff Korken definiere eher die Funktion, weniger die Materialbeschaffenheit. Warum aber Glaskorken, wo doch vor allem bei edlen Kreszenzen seit jeher Naturkorken als klassische Verschlüsse, gleichsam als Qualitätsmerkmal gelten und auch der Anteil an Kunststoffkorken beträchtlich zugenommen hat? "Die Preise für Naturkorken ziehen an, nicht zuletzt, weil der Rohstoff knapper wird", informiert Jürgen Hansjosten, Juniorchef des Weingutes Hansjosten. "Das Hauptproblem bei Naturkorken war jedoch schon immer, dass der Wein den Korkgeschmack annehmen und es zu Mufftönen kommen kann." Zudem sei das Abbröseln des Korks nicht völlig zu verhindern, was zu unliebsamen Korkresten im Wein führe. Kunststoffkorken würden sich als Verschluss für hochwertige Weine weniger eignen, weil sie wegen nachlassender "Gasdichtigkeit" kaum länger als zwei bis drei Jahre lagerfähig seien. "Geruch-, geschmacklos, säureresistent und von hoher Konsistenz. Das sind die primären Anforderungen an den Idealkorken", betont Hansjosten. "Dass der Rohstoff Glas dem in nahezu vollem Umfang entspricht, war bekannt." Lange Zeit nicht bekannt gewesen sei dagegen - und dazu habe es eines intensiven Versuchsstadiums bedurft - wie der glatte Glaskörper in dem ebenso glatten Flaschenhals festen Halt findet, um maximale Abdichtung zu erreichen. Durch die sehr effektive Konstruktion des Gummiringes sei das Problem bestens gelöst. Freilich bedürfe es dazu eines speziellen, genau gearbeiteten Flaschenhalses, der die Flasche jedoch nicht verteuere.Vollendeter Genuss und Ambiente pur

Jürgen Hansjosten zufolge sind die Preise für Glaskorken und Naturkorken derzeit etwa gleich. Schon in naher Zukunft, bei entsprechender Verbreitung, könne sich das schnell zugunsten der Glaskorken ändern. Auch Hansjostens Kollegen, die Jungwinzer von den Weingütern Heinen, J. Schmitt, Franziskushof und Thul-Hoff, sind vom Siegeszug der Glaskorken, vor allem bei hochwertigen Weinen, überzeugt. "Und wenn in gemütlicher Runde sich das Kerzenlicht im Glaskorken spiegelt, ist das vollendeter Weingenuss und Ambiente pur", schwärmt Kellermeister Gerhard Kirchen.

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