"Wer bist du denn?"

BEKOND. (kat) Während der ersten Schwangerschaft von Gertrud Bier stellte sich bei ihr der Nestbautrieb ein: "Ein eigenes Haus wäre schön." Der Zufall führte sie nach Bekond und die Herzlichkeit, und Offenheit der "Einheimischen" ließ sie schnell heimisch werden.

Die Oktobersonne hat es doch noch geschafft und schickt am Nachmittag ein paar Strahlen durch die Wolkendecke. Jetzt gibt es für Carlos kein Halten mehr. Er schnappt sich Jacke und Fahrrad - und ward gesehen. "Hier spielen die Kinder noch auf der Straße", sagt Gertrud Bier. So wie in ihrem Heimatort. Sie ist in Berglicht aufgewachsen, ihr Mann in Geislautern in der Nähe von Völklingen. Die Geschäftsführerin einer Bildungseinrichtung und der Versicherungskaufmann haben jahrelang in Trier-Tarforst gewohnt und das Stadtleben schätzen gelernt. Als sich Carlos ankündigte, haben sie beschlossen: "Jetzt ist Schluss mit Miete zahlen." Eine Anzeige im Trierischen Volksfreund brachte die Wende. Auf der Eigenheimsuche stieß Guido Großjean auf ein Haus in Bekond - im Rohbauzustand. Der 36-Jährige musste mit Engelszungen auf seine Frau einreden. "Ich war so sehr an die Stadt gewöhnt." Mit "wenn du dich nicht wohlfühlst, verkaufen wir es wieder", wurde die Überzeugungsarbeit von Guido Großjean mit Erfolg gekrönt. Fünf Jahre später: "Ich kann mir nicht mehr vorstellen, hier wieder wegzuziehen", sagt Gertrud Bier. Das zweite Kind, Miguel ist geboren, und Carlos besucht inzwischen den zweigruppigen Kindergarten im Ort. Die Bekonder haben eine so "integrative Art", sagen die jungen Eltern. Häufig seien sie in der Anfangszeit im Dorf mit "Wer bist du denn?" angesprochen worden. "Die Bekonder wollen es wirklich wissen", sagt die 37-Jährige. Und ihr gefällt, dass das Dorf sehr sportlich ist. Von der Abteilung Tischtennis bis hin zu Judostunden können Sportler sich in der 830-Seelengemeinde austoben, und der Musikverein kümmert sich um die musikalischen Talente. Auch, dass frisches Obst und Gemüse, Eier und Mehl im Hofladen eines Landwirts eingekauft werden können, gefällt der Mutter. "Und die tollen Spazierwege." Die Liste der Vorzüge ihrer Wahlheimat ist lang. Die Stadt vermisst sie nicht. Und wenn sie Sehnsucht nach Trubel hat, setzt sie sich ins Auto und fährt 20 Kilometer Richtung Trier oder Wittlich. "Die Autobahnanbindung haben wir direkt vor der Haustür", sagt Guido Großjean. Er hat spätestens seit 2003 einen Stein bei den Bekondern im Brett. Der gebürtige Saarländer wurde auf dem beliebten Krumpernfest Krumpernkönig, weil er 50 Kilo Kartoffeln als Schnellster durchs Zelt schleppte. In diesem Jahr musste er die Krone abgeben. Er engagiert sich gerne für die Gemeinde, ist Ratsmitglied, im Bauausschuss und einer der Elternvertreter des Kindergartens. Carlos ist vom Spielen zurückgekehrt. "Man muss sich keine Sorgen machen, wenn er draußen ist", sagt Guido Großjean. "Die Leute im Dorf halten immer ein Auge auf die Kinder. Das ist ein weiteres Plus hier."

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