Wie ein Tiger im Aktenschrank

KONZ/SAARBURG. Der Verbandsgemeinderat Saarburg hat am 11. Oktober eine Neufassung der Gefahrenabwehrverordnung einstimmig durchgewinkt, in Konz gibt die Verwaltung der neuen Version gerade den letzten Schliff. Was bringt das Regelungswerk, das hinter dem Wortmonster steckt, den Bürgern?

 Lästig: Schmierereien wie diese ärgern die Saarburger seit Jahren. Mit der Gefahrenabwehrverordnung gibt es eine juristische Grundlage, dagegen anzugehen. Foto: TV-Archiv/Ludwig Hoff

Lästig: Schmierereien wie diese ärgern die Saarburger seit Jahren. Mit der Gefahrenabwehrverordnung gibt es eine juristische Grundlage, dagegen anzugehen. Foto: TV-Archiv/Ludwig Hoff

Gefahrenabwehrverordnung? Kennt kaum jemand. Auch hochgestellte Juristen schütteln das Haupt und gestehen ihre Unwissenheit ein. Dabei gilt eine solche Verordnung fast überall. Und sie schwebt nicht bürokratisch über den Häuptern der Bevölkerung, sondern regelt ganz konkret das Verhalten in öffentlichen Anlagen. "Jede Verbandsgemeinde im Kreis hat eine solche Verordnung", heißt es aus der Kreisverwaltung Trier-Saarburg.Hundebesitzer müssen ihren Liebling anleinen

Vor wenigen Wochen, am 11. Oktober, hat die Verbandsgemeinde Saarburg ihre Gefahrenabwehrverordnung neu gefasst. Konz wird mit einer Neufassung folgen. Darin wird geregelt, was auf den Straßen und in den öffentlichen Anlagen nicht gestattet ist. So ist es in Saarburg beispielsweise verboten, "im Zustand deutlicher Trunkenheit zu verweilen und hierdurch die öffentliche Ordnung zu stören", "Blumen, Sträucher, Zweige oder Früchte zu entfernen", "Schieß-, Wurf- und Schleudergeräte zu benutzen" oder sich alkoholisiert in öffentlichen Anlagen aufzuhalten. Hundebesitzer müssen ihren Liebling anleinen, von Kinderspielplätzen fern halten und Verschmutzungen unverzüglich beseitigen. Wer die Vorschrift nicht beachtet, kann sich eine Geldbuße bis zu 5000 Euro einhandeln. Wie wirksam ist eine bußgeldbewehrte Regelung, die keiner kennt? Für Michael Meyer, zuständiger Sachbearbeiter in der Verbandsgemeinde Saarburg, ist die Verordnung ein hilfreiches Instrument für die Behörde an Ort und Stelle - zum Beispiel bei frei laufenden Hunden, Störungen durch Jugendliche oder Abfälle in den Anlagen oder zur Vorbeugung vor Straftaten. Auch für seinen Konzer Kollegen Walter Lutz ist die Verordnung "an sich nicht schlecht", weil sie klare Verbote formuliert. Immerhin werde die Konzer Behörde 25- bis 30-mal pro Jahr auf ihrer Grundlage tätig, wobei die Zahl der Bußgelder deutlich niedriger liegt. Einen Sinn hat die Regelung auf jeden Fall. Sie liefert den Ämtern eine juristische Handhabe, um im Ernstfall durchzugreifen, Bußgelder zu verhängen oder die Polizei zu alarmieren. Michael Meyer: "Die Leute stehen sonst da, schauen mich groß an und fragen: Wieso dürfen wir das nicht?" Auch Jens Metzger vom Deutschen Städtetag erklärt, mit der Verordnung werde "die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, bestimmte Verhaltensweisen zu ahnden", fügt allerdings hinzu: "Das erfordert in einem weiteren Schritt, dass in einer Stadt oder Gemeinde auch darauf geachtet wird, ob die in der Verordnung formulierten Bestimmungen tatsächlich eingehalten werden." Was bedeutet: Es bedarf noch weiterer Maßnahmen, damit die Gefahrenabwehrverordnung wirklich Gefahren abwehrt.Sinnvoll, aber in der Praxis schwer umsetzbar

An diesem Punkt endet die Theorie, und die Praxis beginnt. In Saarburg ist die Polizeistation rund um die Uhr besetzt und handlungsfähig. Wenn dagegen der zuständige Vollzugsbeamte in der Konzer Verwaltung gegen 17.30 Uhr seine Bürotür abschließt, sperrt er die Gefahrenabwehrverordnung mit ein - ein Tiger im Aktenschrank. Und weil zum selben Zeitpunkt auch die Konzer Polizeiwache Dienstende hat, wird die zweitgrößte Stadt der Region zur vollzugsfreien Zone. Walter Lutz: "Selbstverständlich können Bürger, die sich belästigt fühlen, bei der Polizei in Saarburg anrufen. Nur besteht die Gefahr, dass durch die Entfernung bis zu deren Eintreffen die Störer sich schon wieder entfernt haben." Die heimlichen Sünden wie Sauftouren abseits der Wohngebiete mit einer reichen Hinterlassenschaft von Flaschenscherben oder die weithin erkennbaren Graffiti-"Verschönerungen" bleiben ohnehin ungeahndet. "Bei einer Personalbesetzung von eineinhalb Stellen ist die Gefahrenabwehrverordnung zwar sinnvoll, aber schwer umsetzbar", sagt Lutz.

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