Wo Anonymität ein Fremdwort ist

BONERATH. "Das ist halt Dorf", sagt eine Bewohnerin. In dem idyllisch gelegenen 259-Seelen-Ort Bonerath erleben die Jüngsten eine Kindheit à la Bullerbü und Gemeinschaft hat einen hohen Stellenwert. Gemeinsam bringen die Bürger trotz leerer Kasse immer wieder Neues voran.

Noch ein paar hundert Meter bis zum Ortsschild von Bonerath. Felder, Wald und saftige Wiesen soweit das Auge reicht. Links liegt die Riveristalsperre. Hier und da grasen ein paar Kühe und Pferde. Idylle pur. Bonerather müssen sich immer erklären, wo sie denn herkommen: "Bei Schöndorf, zwischen Trier und Hermeskeil oder in der Nähe der Riveristalsperre." Bevor die ersten Häuser auftauchen, fällt ein sehr gepflegter, von Blumen und jungen Bäumen umsäumter Parkplatz, der besonders an sonnigen Frühlingstagen von zahlreichen Wanderwilligen angefahren wird, ins Auge. Da war der Heimat- und Kulturverein (HuK) rührig. Dank des 60-Mitglieder starken Vereines, der vor fünf Jahren gegründet wurde, hat sich trotz leerer Kassen einiges in dem kleinen, von schmucken Häusern und ordentlichen Gärten geprägten Ort bewegt. Der HuK engagiert sich, sei es durch eine Finanzspritze oder dass die Mitglieder Vorhaben tatkräftig unterstützen. Durch das Engagement des Vereins, dessen Hauptanliegen die Heimat- und Kulturpflege ist, sind die "Hexennachtsfete", die jährlich stattfindende St. Martinsfeier oder das beliebte Krompernfest nicht mehr aus dem örtlichen Veranstaltungskalender wegzudenken. Feste, die von vielen Bürgern mitgetragen werden, sind ebenso Zeugnisse des starken Gemeinsinns, wie die 2002 eingeweihte Gemeindehalle. "Nur durch Zuschüsse, Spenden und unzählige mühevolle Stunden an Eigenleistung konnte die Halle gebaut werden. Das war einmalig", lobt Bürgermeister Rudolf Scherf. Nebenan, auf dem "grünen" Spielplatz, der kürzlich in Eigenleistung nach TÜV-Norm erneuert wurde, können sich die jüngsten Bürger an den Spielgeräten verlustieren. Ein Anreiz für Familien ihre Zelte in Bonerath aufzuschlagen sieht Anja Fait darin, dass ihre Kinder Luca (drei) und Kathrin (sieben) in dem Dorf Natur mit allen Sinnen erleben können. "Das ist mir wichtig und auch der Grund dafür, weshalb wir wieder in meinen Heimatort gezogen sind", sagt die zweifache Mutter. Auch die 13-jährige Maren schätzt die Tier- und Pflanzenwelt direkt vor der Haustür. Und auf die Freitage freut sie sich: Dann trifft sich die Dorfjugend. Seit Michaela Weber sich um die Belange der Teenager kümmert, bleibt sich die Jugend - was zu manchen Zeiten problematisch war - nicht mehr sich selbst überlassen. Dass Maren täglich eine dreiviertel Stunde mit dem Bus zur Schule nach Trier fahren muss, stört das Mädchen wenig: "Die Busfahrt nutze ich um mit Freunden zu reden." Die gute Anbindung an den ÖPNV macht es allen Bürgern möglich, im Stundentakt Richtung Stadt aufzubrechen. Nicht verstehen kann der Gemeindechef, dass Fahrten aus Richtung Trier fahrplanmäßig in Pluwig enden. "Dort müssen dann alle Fahrgäste aussteigen, und der Bus fährt leer nach Bonerath zum Parkplatz ,Talsperrenblick', wo Bus und Fahrer auf den nächsten Einsatz warten", schüttelt Scherf den Kopf. Ohne Auto und Bus könnte man in dem Ort, der zehn Minuten von der Universität entfernt liegt, nicht "überleben". Vor zehn Jahren haben Boneraths ältester Bürger Peter Wacht (89) und seine Frau Auguste den letzten Tante-Emma-Laden "Badi" aus Altersgründen dicht gemacht. Auch die Gaststätte "Werts" hat 1990 den Ausschank eingestellt. Bonerather Kinder besuchen den Kindergarten in Holzerath, und die Grundschulzeit wird traditionell in Schöndorf absolviert.Neubaugebiet ist angepeilt

Auf Geselligkeit müssen die Bonerather dennoch nicht verzichten: Die Freiwillige Feuerwehr, Nähkurse, eine Krabbelgruppe oder die Seniorentanzgruppe laden zum Mitmachen je nach Bedürfnis ein. Was wird die Zukunft bringen? Entgegen dem allgemeinen Trend rückläufiger Geburtenzahlen, kann Rudolf Scherf über mangelnden Nachwuchs im Ort nicht klagen. Die Erschließung eines Neubaugbietes wurde angepeilt. "Außerdem sind wir bestrebt, einen Fuß in das Dorferneuerungsprogramm zu setzen", sagt der Ortsvorsteher, der die Stärke des Ortes eindeutig in der wunderschönen Landschaft und in der Tatsache sieht, dass jeder jeden kennt, Alt und Jung zusammenleben und gemeinsam anpacken. Am Montag in unserer Serie: Ärger in Farschweiler - Vandalen wüten in der Hexennacht - Chaos in Privathaus angerichtet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort