Archiv Stolpersteine in Saarburg: Wo Kreise sich schließen und das Herz spricht

Saarburg · Für 32 jüdische Opfer nationalsozialistischer Verfolgung hat der Kölner Künstler Gunter Demnig in Saarburg Stolpersteine ins Pflaster gesetzt. Während der Kunstaktion sprach der TV mit Angehörigen der Opfer, mit Schülern und mit Organisatoren der Veranstaltung.

Saarburg. Andächtig schaut Günther Heidt zu, wie der Künstler Gunter Demnig vor dem Haus Klosterstraße 8 insgesamt zehn Stolpersteine verlegt. Bis zu seiner Pensionierung war Heidt Geschichtslehrer am Gymnasium Saarburg. "Für mich schließt sich hier ein Kreis", sagt er. Mit ihm hat 1980 die Erforschung der jüdischen Geschichte der Stadt angefangen. Die Schüler seines Geschichtskurses beteiligten sich seinerzeit an dem Projekt "Alltag im Nationalsozialismus". Jetzt legen die Schüler Tim Klein und Philippe Masson zehn weiße Rosen neben die Gedenksteine für die Familie Wolf, die von den Nationalsozialisten komplett ausgelöscht wurde.

Zuvor, während der Feierstunde, hatte die Schülerin Emma Harlow ihre Motivation erklärt, weshalb sie sich mit dem Thema auseinandergesetzt hat. "Es ist wichtig, sich mit der Shoah, so die jüdische Bezeichnung für den Holocaust, auseinanderzusetzen. Niemand soll am Ende sagen dürfen, er habe nichts gesehen, nichts gewußt", sagt sie.
Bewegt hört Shay Meyer ihren Worten zu. Er ist ein Nachfahre des Viehhändlers Nathan Meyer und aus Rehovot/Israel nach Saarburg gekommen. "Mein Vater hatte mir nur erzählt, dass er in einem kleinen Ort an der Saar aufgewachsen ist. Erst als ich per Zufall in Südafrika seine Geburtsurkunde gefunden habe, wusste ich, dass er in Beurig geboren wurde." Für Shay Meyer ist es etwas besonderes, zu den Wurzeln seiner Familie zurückzukehren. Sein Sohn Netta stimmt ihm zu: "Dieser Gang durch meine Familiengeschichte erwärmt mein Herz. Es ist toll, wie offen und herzlich die Menschen uns hier begegnen."

Nathan Meyers Enkel Raphael Guy Schoemann aus Netanya/Israel ist schon mehrfach in Saarburg gewesen. "Ich bin sehr dankbar, dass die Saarburger diese Stolpersteine gelegt haben. So bekommen die Opfer wieder ein Gesicht." Für Simone Thiel, Mitglied im Arbeitskreis "Stolpersteine in Saarburg"´ sind diese Steine wichtiger als ein Denkmal: "Ein Denkmal schaut man sich an, über die Plaketten am Boden stolpert man immer wieder."Extra

Der Künstler Gunter Demnig hat seit 1995 mehr als 35 000 Stolpersteine in über 1000 Städten in ganz Europa verlegt. Der 65-Jährige setzte die ersten Steine noch ohne Genehmigung der Stadt Köln. Im Jahr 2000 erlaubte die Stadt Köln erstmals das Verlegen der Steine. Demnigs Intention ist es, den Opfern des NS-Regimes ihren Namen zurückzugeben. Der Kunstaktion voraus geht jeweils eine längere Forschungsarbeit durch lokale Gruppen. Den Text auf den Messingplatten legt der Künstler selbst fest. itz

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