Zerferin packt in Tansania mit an

ZERF. Wenn ihre Eltern heute Morgen den Trierischen Volksfreund aus dem Briefkasten ziehen, ist sie bereits auf dem Weg in eine andere Welt: Die 20-jährige Lisa Müller aus Zerf fliegt für vier Wochen nach Tansania, um im Landesinneren ein Internat für Schüler mit aufzubauen.

Zerf-Tansania - nicht unbedingt eine alltägliche Reiseroute, zu der die 20-jährige Lisa Müller heute in aller Herrgottsfrühe aufbricht. Dabei hat die Reiselust der angehenden Studentin nichts damit zu tun, dass sie mit ihren Eltern und den beiden Geschwistern im zum Wohnhaus umgebauten ehemaligen Bahnhof Zerf lebt. "Seit meinem zehnten Lebensjahr interessiere ich mich für Afrika", berichtet die zierliche junge Frau zwei Tage vor ihrer Abreise dem TV. "Mit meiner Familie war ich mal in Algerien, mehr kenne ich nicht von diesem Kontinent." Seit sie 18 ist, habe sie nach einer Entwicklungshilfe-Organisation gesucht, die ihr zusagt und mit der sie sich einen Trip nach Afrika vorstellen kann. "Bewegung zur Bewegung"

Durch Zufall habe sie vom Verein "Steinschleuder" erfahren - eine Organisation mit Sitz im nordrhein-westfälischen Bottrop, die von Jugendlichen verwaltet wird und ausschließlich mit Jugendlichen Hilfsprojekte auf die Beine stellt. "Bewegung zur Bewegung" lautet das Motto, das sich der Verein für alle seine Projekte auf die Fahne geschrieben hat. "Ich bin zu einem Jugend-Wochenende gefahren, an dem der Verein das Tansania-Projekt vorgestellt hat. Es hat mir auf Anhieb super gefallen", erzählt Lisa Müller. Seit vergangenem Jahr widme sich der Verein einer Schule in der Nähe der Stadt Morogoro im Zentrum Tansanias. "Unsere Gruppe, die jetzt runterfliegt, wird innerhalb der kommenden drei bis vier Wochen gleich neben der Schule ein Haus bauen, in dem die Schüler übernachten können", sagt die 20-Jährige. Bislang müssten die Kinder täglich einen weiten Schulweg zurücklegen - viele blieben dem Unterricht schon allein deshalb fern. "Freue mich auf den Kontakt mit Menschen"

14 Frauen und drei Männer im Alter zwischen 17 und 22 Jahren aus ganz Deutschland fliegen heute auf eigene Kosten von Düsseldorf aus los, um in den kommenden Wochen ihr Projekt zu realisieren. "Den Plan für das Haus hat ein Schreiner aus unserer Gruppe gemeinsam mit einem befreundeten Architekten erstellt", sagt Müller. "Unsere Aufgabe wird sein, die Mauern und die einzelnen Schlafkabinen hochzuziehen." Dabei wird die Gruppe sich auch um das Baumaterial selbst kümmern müssen: "Fertige Steine gibt es nicht. Die müssen wir selbst herstellen." Das Geld für das gesamte Projekt haben die Jugendlichen durch verschiedene Spendenaktionen zusammengetragen. Lisa Müller hat Anfang Juli ein Benefizkonzert im Bürgerhaus in Freudenburg organisiert und dabei mehr als 1500 Euro eingenommen. Und woher nimmt die junge Frau, die wie die übrigen Projekt-Teilnehmer Laie ist in puncto Bauen das Vertrauen, dass die Gruppe das Haus realisiert bekommt? "Alle sind hoch motiviert. Ich selbst habe in diesem Punkt schon Erfahrung gesammelt, weil ich mit meiner Familie immer beim Hausbau in unserer Verwandtschaft mitgeholfen habe. Außerdem habe ich ein dreimonatiges Praktikum bei einem Restaurator hinter mir, bei dem ich körperlich hart gearbeitet habe." Übernachten werden die Deutschen im Schulgebäude. "Dort werden wir uns auch in der Schulküche verpflegen", sagt Müller. Drei Wochen setze die Gruppe mindestens für den Bau an. "Wenn es hinhaut, nutzen wir die vierte Woche zum Reisen." An fünf Wochenenden sei die Gruppe auf Land und Leute vorbereitet worden - inklusive der nötigsten Vokabeln auf Kisuaheli. "Am meisten freue ich mich auf den Kontakt mit den Menschen und auf die völlig andere Landschaft", sagt die Zerferin. Ein etwas mulmiges Gefühl räumt sie dennoch ein: "Das Reisefieber steigt täglich, das muss ich zugeben. Ein bisschen Angst habe ich nur davor, möglicherweise Malaria zu bekommen." Und was sagen Familie und Freunde zu ihrem Engagement? "Meine Eltern sind selbst sehr sozial eingestellt, die stehen genau wie meine Freunde hinter meinem Plan." Für sie steht fest: "Ich habe einfach das Bedürfnis zu helfen und kann es im Moment, weil ich mich um niemanden kümmern muss und keine Verpflichtungen habe." Ganz persönlich verspricht Lisa Müller sich von dieser Reise "Lebenserfahrung und ein gutes Gefühl, selbstständig mit anderen etwas zu schaffen".

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