"Wir Portugiesen lieben die Zischlaute. Es ist, als ob wir das Meer im Mund tragen und sich die Wellen zwischen den Zähnen brechen." Bei Paula de Lemos wird daraus ein sehr sinnlicher Akzent, der ihren erotischen Gedichten beim Vortrag die perfekte Würze gibt. Ihre Gedichte sind sehnsuchtsvoll ("Ab und zu reichen mir die Worte nicht, um dir zu sagen, wie sehr ich dich liebe…"), fordernd ("Sei auf alles vorbereitet, bin heut' von der Lust begleitet…") und oft sehr deutlich ("Knie nieder, wenn du mich küssen willst…"). Die Reaktionen im Publikum schwanken zwischen leisem Gekicher, wissendem Nicken und beschämtem Lächeln. Im Laufe des Abends ist irgendwann nicht mehr zu unterscheiden, ob die Gesichter vom Wein oder von den Worten gerötet sind. Manchmal herrscht - nach besonders raffinierter Lyrik - ein Augenblick des Schweigens, bevor das Gelächter beginnt. Es sind besonders die weiblichen Gäste, die herzhaft lachen können, denn viele Reime sind aus Sicht einer Frau geschrieben, von Paula de Lemos. Begleitet wird der Abend von einem Vier-Gänge-Menü und passenden Weinen. Man könnte die Speisen am besten mit "Saft und Kraft des Frühlings" umschreiben. Den Anfang macht ein Filet von der Dorade Royal auf jungem Frühlingslauch. Als "Quicky" folgt ein knackiger Kräuter-Salat. Als Hauptgang wird Poulardenbrust mit frischem, langem Spargel an Rieslingsauce serviert, und den Höhepunkt bildet ein geeistes Schokoladentrio mit Orangen-Ingwer-Kompott.Verse und Speisen als Inspiration

"Ich habe ein leichtes Essen ausgesucht, damit meine Gäste nachher nicht wie ein Stein ins Bett fallen", sagt Wolfgang Müntnich, der Chef des Hauses, augenzwinkernd. Wenn man das Getuschel und die Blicke der Paare im Laufe des Abends richtig deutet, hat sich der oder die eine oder andere von den Versen inspirieren lassen. Wer diesmal mit seinen Reservierungswünschen zu spät kam, hat eine zweite Chance: Am 30. April ist Paula de Lemos wieder in der Villa Keller zu Gast.