Zu global für ein Winzerdorf

LEIWEN. Wird nun auch der Wein- und Touristikort Leiwen vom Rückzug der Post aus der Fläche betroffen sein? Tatsächlich könnte auch hier bald eine postalische Brache entstehen.

Seit rund 108 Jahren ist Leiwen Poststandort. 1896 war dort die erste Poststelle eingerichtet worden. Bis zum Jahr 1999 blieb sie fester Bestandteil der örtlichen Infrastruktur. Doch 1999 machte der "Gelbe Riese" den ersten Rückzieher und schloss die Filiale. Als Ersatz wurde im Gemüseladen von Halina Tannenbaum-Adams eine so genannte Postagentur mit vollem Service eingerichtet, wozu auch die Postbank gehört. Die Leiwener und ihre Gäste haben die Agentur nie als Notlösung empfunden. Besonders begrüßt wurde die lange Öffnungszeit von täglich 8 bis 18 Uhr. Dann aber kam die Ladeninhaberin Tannenbaum-Adams in diesem Frühjahr mit der traurigen Mitteilung, dass sie ihr Geschäft aus familiären Gründen werde schließen müssen. Deshalb habe sie auch den Agenturvertrag mit der Post zum 30. November 2004 gekündigt.Interessenten knapp abgewiesen

Dies allein schien noch kein Grund zur Aufregung - alle im Ort waren sich sicher, dass sich ein neuer Standort für eine Agentur finden werde. Doch die Leiwener hatten die Rechnung ohne die Postgewaltigen in den Konzernverwaltungen in Essen und Frankfurt gemacht. Die teilten in einem Schreiben an die Verbandsgemeinde Schweich mit, dass es in Leiwen keine Neuauflage der Agentur geben werde. Als Ersatz sei der Anschluss an den Mobilen Post-Service geplant. Natürlich lieferten die Post-Oberen auch eine Begründung für diesen Schritt: Die Deutsche Post sei als börsennotiertes und im globalen Wettbewerb stehendes Unternehmen gehalten, kostenbewusst zu handeln. Dies gelte auch für das Filialnetz. Eingehende Überprüfungen der Agentur in Leiwen hätten ergeben, dass dort die Nachfrage stark zurückgegangen sei. Fazit des Konzerns: "Ein wirtschaftlicher Betrieb ist in Leiwen nicht mehr gegeben." Die Ortsgemeinde und die Gewerbevereinigung wollen die Entscheidung nicht ohne Gegenwehr hinnehmen - zumal alternative Standorte für die Postagentur zur Verfügung stehen würden. So ist die Gemeinde bereit, die Poststelle in ihrer Tourist-Information an der Römerstraße einzurichten und dafür die notwendigen Umbauten vorzunehmen. Auch der Gastronom Hans-Peter Scholtes signalisiert Interesse an der Postagentur und bietet Räumlichkeiten in seinem Betrieb "Römisches Weindorf" an. Doch sein Vorstoß - wie auch der eines weiteren privaten Interessenten - wurden von der Post in drei Sätzen abgelehnt. Ortsbürgermeister Claus Feller hofft dennoch, dass sich alles zum Guten wenden könnte. Doch kann er das Vorgehen der Post nicht nachvollziehen. Feller: "Da wird einfach von Frankfurt aus entschieden, obwohl man die Situation in Leiwen und den umliegenden Gemeinden überhaupt nicht kennt. Stattdessen wird auf das ,globale Unternehmen‘ verwiesen. Doch hier auf dem Lande kann man die Leute ja sitzen lassen." Feller geht davon aus, dass in der Frankfurter Zentrale die besondere Situation Leiwens und seiner Nachbargemeinden überhaupt nicht bekannt ist. "Es wird nicht berücksichtigt", so Feller "dass Leiwen mit über 350 000 Übernachtungen im Jahr 2003 als ein Zentrum der Moseltouristik gilt und mit über 400 Hektar Rebfläche eine der größten Weinbaugemeinden ist." Es gebe über 60 hauptberufliche Winzer und 80 Nebenerwerbler. Hinzu kämen 900 Betten im Ort bei Hotels und Pensionen, zahlreiche Gewerbebetriebe sowie die zwei großen Ferienzentren "Landal-Greenpark" und "Eurostrand". Feller: "Wenn alle Übernachtungsmöglichkeiten belegt sind, was jährlich über viele Monate der Fall ist, wohnen im 1700 Einwohner zählenden Leiwen rund 5000 Menschen." In einem Schreiben an den Post-Geschäftsbereich Partner-Management in Frankfurt hat der Gemeinderat diese Fakten vorgetragen. Doch in der Frankfurter Zentrale scheint allein die Zahl der gemeldeten Einwohner ausschlaggebend zu sein. Dieser Eindruck entstand jedenfalls bei einer Anfrage des Trierischen Volksfreunds in Frankfurt. Postsprecher Stefan Heß: "In allen Orten mit über 2000 gemeldeten Einwohnern unterhält die Post aus politischer Selbstverpflichtung einen stationären Service. Dies trifft für Leiwen mit unter 2000 Einwohnern nicht zu." Bei Orten unterhalb dieser 2000er-Marke sei daher die Nachfrage nach postalischen Angeboten im Einzelfall zu prüfen. Und der, so Heß, sei in Leiwen zuletzt nicht gerade berauschend gewesen. Immerhin empfiehlt der Sprecher, nochmals Gespräche zu führen über die Frage, ob es sich um einen Ausnahmefall handeln könnte. In Leiwen ist zunächst aber eine Unterschriftenaktion geplant. Ortsbürgermeister Feller: "Wir werden zusammen mit der Verbandsgemeinde Schweich, den Nachbargemeinden und der Gewerbevereinigung für den Erhalt des Poststandorts kämpfen." Morgen: Vierbeiniger Leistungssportler - Bordercollie Garry aus Zemmer für Hunde-Weltmeisterschaft qualifiziert.

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