Zu schade zum Runterkippen

FARSCHWEILER. Mit seinen Edelbränden spielt Norbert Kiebel (44) aus Farschweiler in der höchsten Liga der privaten Spirituosenhersteller. Dabei ist der Verwaltungsbeamte eher durch Zufall zur Kunst des Brennens gekommen.

Wie eine Destillieranlage aussieht, wusste der gelernte Zollbeamte schon lange - auch sein Vater betrieb eine Brennerei in Farschweiler, für die sich der Sohn in jungen Jahren jedoch nicht interessierte. Doch dann erkrankte in den 80ern sein Schwiegervater Peter Olinger, dessen Familie seit Generationen in Mehring eine Brennerei betreibt. Kiebel: "Da habe ich ohne jede Ahnung mit dem Brennen angefangen."Studium der Brenntechnik

Trotz der anfänglichen Probleme - oder gerade deshalb - war nun sein Interesse an der Materie erwacht. Ab 1992 arbeitete Norbert Kiebel mit der alten Anlage seines Vaters in Farschweiler und begann sich fortzubilden. Er las Fachliteratur, besuchte Kurse und belegte einen Ausbildungsgang an der Fachuniversität für Brenntechnik in Hohenheim. "So habe ich mich langsam bis zum heutigen Stand vorgearbeitet", sagt er und seine Frau Mathilde ergänzt: "Damit gemeint ist ganz einfach Qualität statt Masse." Auch Mathilde Kiebel besitzt große Fachkenntnis. Sie sorgt für die Vermarktung der 20 verschiedenen Produkte und weiß, wie sich ein Edelbrand durch Etikett und Flaschenform optisch noch weiter aufwerten lässt. Allerdings ändern sich die Kundenwünsche. Mathilde Kiebel erinnert sich: "Vor einigen Jahren waren bei Edelbränden mundgeblasene Designerflaschen stark gefragt. Und der ganz große Renner war Williams-Christ mit ganzer Birne in der Flasche. Auch wir haben damals Flaschen an die Birnbäume gebunden." Doch inzwischen sei der Markt davon übersättigt. Außerdem komme es den Kunden wieder mehr auf den Inhalt als auf die Verpackung an. Das Kernstück der Kiebelschen Brennerei ist die Destillieranlage. 1998 hat sich der Nebenerwerbsbrenner die metallisch glänzende Apparatur zugelegt - ein raumfüllendes Gewirr aus Kesseln, Rohren und Ventilen. "Das ist das modernste, was es zur Zeit auf dem Markt gibt", sagt Kiebel stolz. Die Anlage werde per Computer gesteuert und besitze einen Katalysator, der dem Alkohol die Bitterstoffe entziehe. Dadurch würden die Produkte weicher und bekömmlicher. Und nach getaner Arbeit reinige sich die mit Öl gefeuerte Anlage selbstständig mit kochendem Wasser. Zum Teil verarbeitet Kiebel Früchte aus eigenem Anbau, zum Teil als Abfindungsbrenner fremdes Material. Branntwein ist Zollgut, seine Produktion unterliegt der staatlichen Überwachung. Beim Abfindungsbrennen wird nicht der gewonnene Alkohol versteuert, sondern der Grundstoff, die Maische - ein angegorener Mus aus den zu brennenden Früchten. Das Sorten-Spektrum ist groß: Williams-Christ-Birne, Apfel, Zwetschen, Heidelbeere, Holunder, Waldmeister, Schwarze Johannisbeere und noch einiges mehr. "Ich experimentiere gerne mal mit neuem Material, auch wenn es sich am Ende als ungeeignet erweisen sollte", sagt Kiebel. Doch welche Frucht auch herhalten muss - immer ist Kiebel darauf bedacht, dass die Brände nur einen Alkoholgehalt von 38 bis 40 Prozent haben. "Ich mache keine harten Schnäpse zum Kippen, sondern Genussmittel", betont er. Am einfachsten ließen sich Mirabellen und alle Beeren brennen. Schwieriger seien Früchte wie Äpfel, die eine dickflüssige Maische bilden, sagt der Experte. Wenn man damit nicht aufpasse, brenne die Maische an wie vergessener Eintopf auf dem Herd. Was den Kiebels allerdings mehr Sorge macht als anbrennende Maische ist der Absatz. Werbung für ihre Produkte brauchten sie bisher nie - es reichte die Mund-zu-Mund-Propaganda insbesondere in der Gastronomie, dem Hauptabnehmer. Doch diese Branche leidet unter sinkenden Gästezahlen - was sich auf Kiebels Bestellblock auswirkt. Sorge bereitet auch der fehlende Nachwuchs in der Brennereibranche. Zwar helfen die Söhne Karsten (13) und Markus (16) im Betrieb mit, doch was später einmal wird - abwarten. Frau Mathilde hat aber auch positive Veränderungen bemerkt: "Die Dorfjugend bückt sich wieder nach Fallobst, um es an uns zu verkaufen. Das hat es vor einigen Jahren noch nicht gegeben." Morgen: Rudolf Körner ist neuer Bürgermeister von Schleich - ein Porträt.

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