Zur Strafarbeit in den Schweinestall

BEKOND. Immer wieder haben Rosa und Wendelin Porten das Wunder der Technik miterlebt. Mit dem TV sprachen sie über das erste Auto, das durch Bekond fuhr, über Erziehung früher und heute und über Errungenschaften, die ihnen das Leben leichter und angenehmer machten.

Das schmucke Haus der Familie Porten in Bekond ist ein Blickfang. "Es ist fünf Jahre älter als ich", sagt Wendelin Porten. Sein Onkel habe es vor genau 100 Jahren für 12 000 Reichsmark gekauft. In diesem Haus haben er und seine Frau Rosa die fünf Söhne erzogen und mit einem gemischten Betrieb - "wir hatten Landwirtschaft und Weinbau" - den Lebensunterhalt verdient. Seit 66 Jahren sind die beiden gebürtigen Bekonder verheiratet. Einträchtig sitzen sie nebeneinander auf dem Sofa. "Wir haben schon die Schulbank zusammen gedrückt", sagt Rosa Porten. Seitdem haben sie viel erlebt: Nie vergessen wird Wendelin Porten die beiden Momente, als er den Kaiser in Trier sah und als der Arzt Karl Recht 1915 mit seinem grünen Auto durch den Ort fuhr. "Da haben wir nicht schlecht gestaunt, als wir zum erstenmal ein Auto gesehen haben." Porten hat sich erst mit 53 Jahren hinter das Steuer gesetzt und den Führerschein gemacht. Als die Enkeltochter vor zehn Jahren den geliebten Ford Granada "zu Schrott gefahren hat", hat der älteste Bürger von Bekond seinen Führerschein abgegeben. "An ein neues Auto wollte ich mich nicht mehr gewöhnen." Ihrem Sohn Heinz, der den Weinbaubetrieb weiterführt, gönnen sie, dass die Arbeit heute körperlich nicht mehr so anstrengend ist wie damals. "Ich bin früher den ganzen Tag hinter dem Pflug her gelaufen, heute sitzt er auf dem Traktor." Vieles sei früher einfach zu mühselig gewesen. Auch das Waschen. Sonntagabends wurde der Waschkessel angefeuert, einiges musste mit der Hand ausgewaschen oder auf dem Waschbrett "geschrubbt" werden. Die erste Erleichterung brachte der fünffachen Mutter 1952 die Anschaffung einer halbautomatischen Waschmaschine mit Feuerung. Zwölf Jahre später hielt die vollautomatische Waschmaschine Einzug im Haushalt der Portens. Inbrünstig sagt Rosa Porten: "Was war ich froh!" Auch den Fernseher kann sich das "eiserne Ehepaar", das jeden Abend ein Gläschen Wein trinkt, nicht mehr wegdenken. "Ich schaue mir immer die neuesten Nachrichten an", sagt Wendelin Porten. Was sei er damals "baff gewesen", als die ersten Schwarzweißbilder über den neuen Bildschirm flackerten. Nicht gewöhnen können sich die Senioren an den Euro. "Aber ich gehe eh nur noch zum Bäcker, und da komme ich klar", sagt Rosa Porten. Gerne beobachtet sie ihre Enkelin Carmen, wie sie "großzügig" mit ihren Kindern Ramon (5) und Lara (1) umgeht. "Wir haben damals zu streng erzogen", findet sie heute. "Aber wir haben es auch nicht anders von unserem Eltern gelernt." Prügel habe es nie gegeben, aber jede Menge Strafarbeiten. Wer sich nicht an die Regeln hielt, musste Holz rein tragen, spülen, "und wenn es ganz schlimm war, den Schweinestall misten". Dieses Erziehungskonzept sei ihren Söhnen letztendlich zugute gekommen: "Sie können alle gut anpacken im Haushalt." Heinz Porten nickt. Für ihn sei es kein Problem, eine Hose zu bügeln oder einen Knopf anzunähen. Rosa und Wendelin Porten sind aller Technisierung gegenüber, die das Leben erst einmal erleichtert, aufgeschlossen. Schade sei allerdings, dass trotz der vielen Annehmlichkeiten die Zeit heute weitaus schnelllebiger sei.

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