"Zuschütten wäre eine Schande"

Vor einem Jahr ist ein Grabungstechniker des Rheinischen Landesmuseums Trier in der Oligskaul in Kastel auf Überreste eines römischen Kulttheaters gestoßen. Inzwischen sind die entscheidenden Eckpfeiler weitgehend frei gelegt. Die Gemeinde will der Bevölkerung den einzigartigen Fund dauerhaft zugänglich machen - und fordert finanzielle Unterstützung des Landes.

Kastel. Wer in der Saargemeinde Kastel zu "buddeln" beginnt, sollte darauf gefasst sein, auf historische Funde zu stoßen. Die Erfahrung, dass in Teilen der Ortsgemeinde noch eine ganze Menge im Boden "schlummert", hat im vergangenen Jahr auch ein privater Bauherr gemacht. Auf seinem Baugrundstück, einige Meter von der Kirche entfernt, haben Mitarbeiter des Rheinischen Landesmuseums Trier Reste eines römischen Heiligtums ans Tageslicht befördert (der TV berichtete mehrfach). Was aus archäologischer Sicht erhaltenswert war, haben sie gesichert, den Fund dokumentiert. Anschließend durfte der Privatmann mit dem Bau seines Einfamilienhauses beginnen. Durch reinen Zufall sind die Fachleute während dieser Grabungsarbeiten auf einen weiteren Fund, einen Steinschlag entfernt, gestoßen. "Die Gemeinde hat mit den Bauherren in Kastel-Staadt ausgehandelt, dass sie den Erdaushub in die Mulde der Oligskaul bringen können", beschreibt Ortsbürgermeister Harald Lehnertz. "So sind wir auf die Mulde aufmerksam geworden und unser Grabungstechniker Bruno Kremer auf eine dicke Mauer, die dort hervortrat", erklärt Hans Nortmann, Archäologe am Landesmuseum Trier.Die Mauer eines Theaters

"Diese massive Mauer entpuppte sich schließlich als Überrest eines römischen Theaters", sagt Nortmann. "Ein Theater musste bei den Römern seinen Sinn haben, denn Unterhaltung in dieser Form gab es bei ihnen nicht." Den Sinn haben er und seine Kollegen im Zusammenhang mit dem gefundenen Heiligtum auf dem Privatgrundstück ergründet. "Kult und Theater gehörten intensiv zusammen. Insofern ist erklärbar, warum wir diese Funde in unmittelbarer Nähe haben."Inzwischen hat das Team um Grabungstechniker Kremer nicht nur den rechten Ansatz der Bühne und die Reste eines Ausgangs zur Kulisse freigelegt, sondern auch einen kleinen Ausschnitt der Bühne, einen Treppenaufgang zum Zuschauerraum sowie massive Sitzbänke aus Sandstein. "Am Rande des Kasteler Plateaus haben wir Hinweise auf einen der römischen Steinbrüche gefunden", sagt Bruno Kremer. Suche nach Zentrum der Bühne

"Mit den Funden, die wir bis heute freilegen konnten, haben wir den Teil des Theaters, der uns alle entscheidenden Aufschlüsse für unsere Arbeit bietet", erklärt Hans Nortmann im Gespräch mit dem TV. "Leider ist an der Stelle, an der wir das Zentrum der Bühne vermuteten, die Mauer sehr tief weggebrochen. So wissen wir derzeit noch nicht, wo es steckt."Noch gräbt das siebenköpfige Team - darunter Ein-Euro-Kräfte und Zivildienstleistende - nach einem Endpunkt der Mauer. "Das ist für uns wichtig, damit wir den Grundriss des Theaters vollständig rekonstruieren können", sagt Nortmann. Bis zum Herbst werde das Team die Arbeiten beenden. Derzeit befinde man sich in einer kritischen Phase, erklärt Nortmann. "Die Frage ist, wie es weitergeht. Wenn kein Signal vom Ministerium aus Mainz kommt, müssten wir die Fundstelle aus Sicherheitsgründen zuschütten. Denn es ist absehbar, dass die Wände in Kürze wegbrechen und die Mulde weiter mit Schlamm voll läuft." Die Fachleute sowie Ortsbürgermeister Lehnertz wollen das Theater nicht nur erhalten, sondern auch "erlebbar machen". Nortmann: "Dieser Fund ist in ganz Rheinland-Pfalz einzigartig. Es wäre eine Schande, ihn zuzuschütten." Der Saarburger Architekt Conrad Bausch hat einen Entwurf vorgelegt, wie das Theater dauerhaft gesichert, über einen Holzsteg begehbar und über eine Sitzplatzkonstruktion auf Höhe der Zuschauerränge erlebbar gemacht werden könnte. "Dafür benötigen wir finanzielle Hilfe des Landes, etwa über Mittel des Projektes ,Straße der Römer'. Als Ortsgemeinde können wir das nicht stemmen", sagt Lehnertz. Ein entsprechendes Schreiben sei vor knapp vier Wochen rausgegangen. Lehnertz: "Ich hoffe, in Kürze einen Termin mit Vertretern aus Mainz hier in Kastel machen zu können. Wenn wir die für diesen einmaligen Fund begeistern können, der ja nicht nur für Kastel, sondern für die gesamte Region enorm attraktiv ist, geht vielleicht noch mehr. Vielleicht können wir dann sogar noch den kompletten Bühnenboden freilegen."

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