Der Druck wächst

Die Kameralistik hat den Räten und den Verwaltungen viele Jahre gute Dienste geleistet, warum erhebt jetzt das Land die komplizierte Doppik zum Gesetz? So oder ähnlich argumentieren die Kritiker des neuen Haushaltsrechts, und sie haben nicht ganz unrecht.

Denn nackte Zahlen und Bilanzen in einem kommunalen Haushalt alleine verändern ja nichts an den Realitäten - sie machen eine Gemeinde weder ärmer noch reicher. Das größte Verdienst der Doppik ist, dass sie haushaltsrelevante Vorgänge transparenter macht, ein nachhaltiges Bewirtschaften erleichtert und den Räten und Bürgermeistern mehr Verantwortung aufbürdet. Sie sollen zum Wohle der Bürger und deren Nachkommen verantwortlicher mit den Ressourcen umgehen. Künftig werden Leistungen messbar und damit vergleichbar. Das bedeutet: Hier und da wird sich bei der Gegenüberstellung der Kosten und der effektiven Nutzungsdauer herausstellen, dass kommunale Einrichtungen absoluter Luxus sind. Luxus, den sich Privatunternehmen nicht leisten können oder wollen. Viele Verantwortliche werden zum ersten Mal in ihrer kommunalpolitischen Laufbahn Druck verspüren und in Erklärungsnöte geraten. Denn bisher hörte die Arbeit auf, wenn eine Investition erst einmal getätigt war - nun fängt sie an diesem Punkt erst richtig an. Die Doppik ist deshalb auch eine Riesenchance, Kommunalpolitik ganzheitlich und nachhaltig zu betreiben. Das geht nicht von heute auf morgen, und auch nicht ohne Pannen. Für die erste große Panne hat indes das Land selbst gesorgt, indem es sich bei der Einführung der Doppik ausgeklinkt hat. Das ist nur Wasser auf die Mühlen derer, die immer wieder behaupten, das Land lasse die Städte und Gemeinden im Stich. In diesem Fall war es in der Tat so, und zwar in finanzieller und ideeller Hinsicht. a.follmann@volksfreund.de

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