Des Bäckers Kunst…

Er hatte einen Start, wie man ihn sich nicht besser wünschen kann: Von der Saarburger FWG 1994 ins Rennen geschickt, um nach der Houy-Ära die Urwahl zum Stadtbürgermeister zu gewinnen, nahm Franz-Josef Blatt seine erste Hürde mit Bravour.

Als politisch unbeschriebenes Blatt erzielte er in der Stichwahl 60 Prozent der Stimmen. Zurückblickend war er zum Beginn seiner politischen Laufbahn schon auf dem Höhepunkt angelangt. Der Glanz begann zu schwinden, nachdem er kurz nach der Wahl die sich später als fatal fürs Miteinander von Stadt und Umland herausstellende Maxime ausgab, Saarburg in den Vordergrund zu rücken, und seinen "Stadtchauvinismus" (Zitat eines Ratsmitgliedes) im sturen Festhalten an einem städtischen Verkehrsamt manifestierte. Er und die FWG haben ohne Not ein Unheil heraufbeschworen, das Blatt während seiner zehnjährigen Amtszeit nicht mehr losließ. Unter seiner Ägide war das Verhältnis zwischen den Dörfern und der Stadt so schlecht wie nie zuvor. Lediglich kurzzeitig gekittet wurde der Riss durch den Rheinland-Pfalz-Tag, als Stadt und Umland wieder etwas zusammenrückten - aber nicht aus Liebe, sondern um der Sache willen. Schnell zu spüren bekam Blatt den zähen Alltag eines Kommunalpolitikers, dem man hohen Einsatz entgegensetzen muss, um sich nicht lähmen zu lassen. Vielleicht fehlte ihm die Kraft, denn auf der Strecke blieben so wichtige Aufgaben wie Baulanderschließung oder die Verkehrsberuhigung der Innenstadt - in der Graf-Siegfried-Straße sieht es heute keinen Deut besser aus als zu Beginn seiner Amtszeit. Dass in Saarburg an allen Ecken und Enden das Geld fehlt, blieb dem ehemaligen Lehrer nicht verborgen. Was ihm die Chance bot, sein vielleicht größtes Talent auszuspielen. Er hatte ein Händchen für die Gewinnung von Sponsoren - beispielsweise, um die Rheinland-Pfalz-Rundfahrt an Land zu ziehen. Doch die rasante Fahrt der Radprofis durchs malerische Saarburg machte auch deutlich: Jan Ullrich und Co. ließen die Stadt mit ihren Problemen genauso schnell wieder hinter sich. Blatt rieb sich auf in Scharmützeln (städtischer Internet-Auftritt oder Kindergarten-Neubau am City-Parkplatz), was dem einen oder anderen vielleicht den Blick getrübt hat für seinen Erfolg bei der Ansiedlung der Saar-Galerie; auch wenn sich für die Investoren schnell zeigte, dass die Vermarktung von Gewerbeflächen in Saarburg ein schwieriges Geschäft ist. Möglicherweise hat ihn die ihm verweigerte Anerkennung dazu getrieben, zum Ende seiner Amtszeit die Nähe zu seinen Freunden und Parteifreunden zu suchen, als er sich entgegen seiner lang vertretenen Auffassung urplötzlich als vehementer Kreisel-Gegner entpuppte. Dass ihm schließlich auch noch das Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Bürgern verloren gegangen ist, zeigte die Ehrung der Bürgerinitiative zum Jahresbeginn. "Kleine Brötchen backen" hatte Blatt im TV -Interview zu Beginn seiner Amtszeit vorgegeben. Bei aller Schwierigkeit des Amtes in schwierigen Zeiten hätte man sich dennoch gewünscht, der Teig wäre nicht so selten aufgegangen. a.jacob@volksfreund.de

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