Ziemlich unerzogen

Eigentlich wollte ich am Montag nur meine Freundin Gaby abholen, die bei der Kreisverwaltung in Trier arbeitet. Wir wollten mal wieder einen Bummel durch die Geschäfte machen. Wäre auch so gekommen - hätte ich nicht, vorwitzig, wie ich nunmal bin, meine Nase in den Sitzungssaal im Erdgeschoss gesteckt.

"Was ist denn hier los?", habe ich Gaby gefragt. "Lauter beschlipste Herren und ein paar Damen im schicken Zwirn..." "Nix Besonderes", meinte Gaby. "Heute ist wieder Kreistags-Sitzung." "Können wir da nicht Mäuschen spielen und zuhören?", wollte ich wissen. Ganz ehrlich: Da wär' ich besser bummeln gegangen... Ich will ja niemandem auf die Füße treten, und mein Martin sagt sowieso immer, von Politik hätte ich keine Ahnung. Mag ja sein. Aber von Erziehung habe ich Ahnung: Unsere drei Jungs sind schließlich gut geraten. Aber wie die Leute im Kreistag sich benehmen, das hat mir die Sprache verschlagen. In einer Tour wird sich da mit dem Nachbarn unterhalten, während vorne am Mikrofon die Redner versuchen, etwas mitzuteilen. Dann stehen ungehemmt Leute auf, die jemandem im Saal Unterlagen bringen und da fröhlich ein Schwätzchen halten. Ich habe ja nur darauf gewartet, dass jemand seine Butterbrote auspackt und anfängt, die laut schmatzend zu verdrücken. Wenn ich auf dem Platz von dem Herrn Schartz gesessen hätte, hätte ich aber 100 Prozent die große Glocke genommen und damit mal ordentlich durch den Raum gebimmelt. Der hat sich aber wohl nicht getraut. Ich habe meine Jungs bestimmt nicht streng erzogen - aber was zu weit geht, geht zu weit. Für mich steht fest: Solche Sitzungen spar' ich mir in Zukunft. Da geh' ich lieber Geldausgeben in der Stadt...

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