1000 Jahre bis zum Gleichgewicht

TRIER. Einen Tag der offenen Tür veranstaltete der Fachbereich Bodenkunde der Universität Trier am internationalen Tag des Bodens. Mit vielfältigen Informationsangeboten für Schulen und interessierte Öffentlichkeit lenkten Trierer Forscher den Blick auf die besondere Schutzwürdigkeit von Boden als Lebensgrundlage des Menschen.

"Sauberer Boden ist genauso lebenswichtig wie sauberes Wasser und saubere Luft. Doch im öffentlichen Bewusstsein ist seine Schutzwürdigkeit noch längst nicht gleich gestellt", sagt Christoph Emmerling vom Fachbereich Bodenkunde der Universität Trier. Er und seine Kollegen werden in ihrer täglichen Forschungsarbeit immer wieder mit problematischen Folgen menschlicher Eingriffe konfrontiert und wollen deshalb Sensibilität für das hoch komplexe System Boden und seine Funktion im ökologischen Kreislauf wecken. Die ersten Gäste am Tag der offenen Tür sind Chemieklassen aus Gymnasien in Schweich und Trier. In den Labors der Bodenkunde erfahren sie anhand anschaulicher Vorträge und kleiner Experimente, welche physikalischen und chemischen Verwitterungsprozesse zur Bodenbildung beitragen. Und sie lernen, dass die Entwicklung eines Bodens bis zum ökologischen Gleichgewichtszustand mehrere tausend Jahre dauern kann. Erstaunlich finden einige, dass für den Prozess, der von den Faktoren Klima, Geländeform (wichtig bei Erosion), Gesteinsart, menschliche Eingriffe und Zeit beeinflusst wird, auch Tiere bedeutsam sind. Regenwürmer zum Beispiel, die organisches Material zerkleinern, das von Asseln und andere Kleinstlebewesen abgebaut und in Nährstoffe umgewandelt wird. Diese stehen dann Pflanzen zur Verfügung, die wiederum den Boden vor Erosion schützen, neue Nährstoffe liefern und Niederschläge speichern. Böden erfüllen viele Funktionen. Sie sind zum Beispiel Basis für Nahrungsproduktion und Trinkwasserversorgung, Rohstofflager, Regulatoren für Wasser-, Wärme- und Energiehaushalt oder Filter, Puffer und Speicher. Die Auswirkungen menschlicher Eingriffe auf diese Funktionen beschäftigen viele der Besucher am Nachmittag. Unter ihnen Fachpublikum aus dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum, ein Bodenschätzer, Studenten, aber ferner interessierte Bürger. Sie fragen nach Bodenverdichtung durch schwere Holzrückmaschinen im Wald oder nach dem Einfluss von Flächenversiegelung auf Entstehung von Hochwasser. Einige haben Bodenproben aus ihren Gärten mitgebracht, um den Säuregehalt zu messen, ein Mann aus Pfalzel sorgt sich um mögliche Schadstoffbelastung. Und dieses Thema entwickelt sich zur Kernfrage, auch im Hinblick auf die Möglichkeiten der Analytik. "Es ist eine Herausforderung, kleinste Mengen nachzuweisen, doch das müssen wir, und zwar exakt, denn von vielen Stoffen weiß man tatsächlich erst, seitdem man sie messen kann", sagt Christoph Emmerling. Doch Analytik greife immer erst im Nachhinein, deshalb sei die Forderung nach Schutz des Bodens unabdingbar. "Man muss sich vor Augen führen, dass nur 29 Prozent der Erdoberfläche zur Landmasse gehören und davon nur elf Prozent landwirtschaftlich nutzbar sind. Davon leben wir."

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