1000 Narren auf Zick-Zack-Kurs

BIEWER. (ph) Gegen 14 Uhr wird es den Ersten zu viel: Sie fangen zu schunkeln und zu singen an, um sich das Warten zu verkürzen. Doch als die blau-weiße Fahne von Ferne das Nahen des Zuges ankündigt, ist die Kälte im Nu verflogen, und Tausende von Narren feiern den traditionellen Schärensprung.

Gegen 13.30 Uhr macht die Biewerer Straße noch einen friedlichen Eindruck: hie und da bekämpfen ein paar Kostümierte an einem der Getränkestände den Durst und die Kälte, aus einem Lautsprecher gegenüber des Georgsbrunnens tönen Fastnachts-Schlager. Ein paar Karnevals-Gleichgültige eilen mit ihren Einkäufen nach Hause.Nur wenige Minuten später ist die Straße zu einem vielköpfigen Spalier geworden: Narrenkappe an Narrenkappe stehen die Menschen und warten auf den Zug, der sich pünktlich um 14.11 Uhr von der Talstraße aus in Bewegung setzt. Hinter der blau-weißen Fahne kehren die Biewerer Hexen mit ihren Besen. Eine Übung für den Dreck-weg-Tag - oder doch eine symbolische Austreibung des Winters? Hinter den Hexen kommt er dann, der berühmte Schärensprung: Angeführt vom Biewener Prinzen Volker I. "Dilldoab von Owisch Biewer", tanzen die Narren, sich an den Händen fassend, in Schlangenlinien durch den Ort. Dazu spielt der Musikverein Biewer die Schärenmelodie.Woher das Wort Schärensprung kommt sei genauso wenig bekannt wie die Ursprünge des Brauches, sagt Christa Weiland, Geschäftsführerin des Vereins für Heimatpflege Biewener Haohnen. Der Verein veranstaltet seit seiner Gründung im Jahr 1952 den Straßenumzug, der zum ersten Mal 1937 in einer Zeitungsnotiz erwähnt wurde.Über den Ursprung des Umzugs gebe es verschiedene Theorien, sagt Weiland. Eine vermute die Wurzeln des Schärensprungs in keltischen Bräuchen, andere verweisen auf ähnliche Traditionen in Spanien, wieder andere auf Parallelen zur Echternacher Springprozession. Womöglich, so Weiland, war es aber auch ein Frühlingsbrauch, der böse Geister vertreiben sollte.Doch der vermeintliche Frühlingsbrauch hat sich in diesem Jahr reichlich winterliches Wetter bestellt - "Biewerer Wetter", wie Weiland sagt: kalt und trocken. So manches Gardemädchen hat ihr Röckchen über eine wärmende Hose gestreift, und so mancher Zuschauer blickt neidvoll auf die tanzenden und singenden Teilnehmer des Zuges. Mehr als 1000 Narren, 70 Gruppen, ziehen durch Biewer, dessen Häuser mit Luftballons, Fahnen und Girlanden geschmückt sind. So mancher Biewerer verfolgt das Spektakel aus der guten Stube im ersten Stock.Die in der Kälte stehen, rücken eng zusammen. Wie ein langer, bunter Wurm zieht sich der Zug durch die Straßen. Die meisten Karnevalisten sind zu Fuß unterwegs, ein Großteil der Gruppen kommt aus Biewer und den benachbarten Stadtteilen, vor allem aus Pfalzel.Gegen 15 Uhr gibt es eine Rarität beim Schärensprung zu bestaunen: Schnee. Doch die angeheizte Stimmung kann der schon lange nicht mehr abkühlen. Und die "Biewener Engel", die sich mit ihren knallbunten Kostümen als eine der letzten Gruppen auf den Weg machen, sorgen für ein wenig brasilianische Karnevalsstimmung. Und als sie zusammen mit den "ersten Biewerer Siedlern" an den Narren vorbeiziehen, haben die noch lange nicht genug.

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