22 000 Fans bei BAP & Co.

Trier · Tops-Bands, 22 000 Besucher, angenehmes Sommerwetter, beste Stimmung: Vor genau 20 Jahren stieg im Moselstadion Triers größtes Open-Air-Festival. Der TV, der das Spektakel damals präsentierte, erinnert zum Jubiläum an das denkwürdige Ereignis.

Trier. Sonntag, 2. Juni 1991. Die Deutsche Bundesbahn läutet mit der Eröffnung der Schnellfahrstrecke Hannover - Stuttgart das ICE-Zeitalter ein, bei der Hamburger Bürgerschaftswahl gewinnt die SPD die absolute Mehrheit, und die Pfalz liegt im kollektiven Freudentaumel, weil der 1. FC Kaiserslautern nach seinem 2:1-Sieg bei Werder Bremen tags zuvor (32. Spieltag) seine dritte Deutsche Meisterschaft nach 1951 und 1953 so gut wie sicher hat. Auch in Trier gibt es was zu feiern. Im Moselstadion geht das größte Rock-Festival in der Geschichte der ältesten Stadt Deutschlands über die Bühne.
Mehr als 22 000 Fans erleben ein denkwürdiges Spektakel, das es so nie wieder gab. Aber der Reihe nach. Das Ganze ist eine Premiere: Veranstalter ist die Merziger Konzertagentur FO-Concerts (Friedhelm Osada, Michael Kleine), die statt in St. Wendel erstmals ihr jährliches Open-Air-Festival in Trier organisiert. Mit dem Stadt-Sportamt hat man schon 1988 zusammengearbeitet und die Halle am Mäusheckerweg für ein BAP-Konzert gemietet. Die Kölsch-Rocker fungieren auch im Moselstadion als Zugnummer. Nur dass diesmal alles zwei Nummern größer ist. Eine Woche haben der Bau der 44 Meter breiten Bühne und die Technik-Vorbereitungen in Anspruch genommen.
Ticketpreis: 33 Mark


Rund 20 000 Karten zum Preis von 33 Mark sind im Vorverkauf abgesetzt worden, 2000 weitere gehen an der Tageskasse weg.
Gegen 13.30 Uhr geht\'s los. Den Auftakt besorgt eine noch weitgehend unbekannte Band: PUR. Eine undankbare Aufgabe, denn das Quintett um Hartmut Engler liefert mit den Songs seines Albums "Unendlich mehr" lediglich die Begleitmusik für den Ansturm auf die besten Publikumsplätze auf der Moselstadion-Trainingswiese. Die ist schon stattlich gefüllt, als sich auf der Bühne "verkehrte Welt" abspielt: Dort rockt Dave Stewart, ein waschechter Weltstar, das Moselstadion. Ein gutes Jahr nach dem vorläufigen Ende der Eurythmics bringt Stewart einen Hauch von ganz großem Rock-Business in die Provinz. Mit seiner frisch gegründeten Band The Spiritual Cowboys zelebriert der 38-jährige Engländer vorwiegend die Songs aus dem gleichnamigen Debüt-Album. Ein echter Wow!-Effekt auch wegen der Besetzung mit zwei Schlagzeugern und drei Gitarristen, darunter Hingucker Nan Vernon aus Kanada.
Es ist immer noch viel zu früh für jemanden solchen Kalibers, als der nächste Weltstar sich die Ehre gibt: Bob Geldof, 1986 von der Queen geadelt und seitdem mit dem Spitznamen "Sir" behaftet (den er als Ire nicht offiziell tragen darf). Auch er hat eine Band im Schlepptau, die so heiß wie sein aktuelles Soloalbum "The Vegetarians of Love" ist. Resultat: ein fulminantes Folk-Feuerwerk, bei dem "I don\'t like Mondays", der Klassiker seiner alten Band Boomtown Rats nicht fehlen darf. Zum Finale seiner stürmisch bejubelten Show zerrt der quirlige Geldof noch den völlig überraschten Stewart aus dem Backstage-Bereich auf die Bühne.
Dieses "Gipfeltreffen" erlebt später gar noch eine Steigerung: Während des BAP-Auftritts gesellen sich Stewart/Geldof dazu und singen mit Wolfgang Niedecken David Bowies "Heroes". Geschlagene drei Stunden dauert die BAP-Herrlichkeit. Gesanglich unterstützt von Renate Otta und Julian Dawson (der auch zwei Solo-Nummern vortragen darf) spielen die Kölner 31 Titel von "Denn mir sinn widder wer" bis "Bleifooss", beide vom Album "X Für E\' U".
"Das war eine große Freude für uns", strahlt Wolfgang Niedecken hinterher. Festival-Besucherin Christiane "Pezi" Nels, selbst Musikerin und damals 25, bringt das Erlebnis auf einen kürzeren Nenner: "Absolut geil!"
Die 80 Einsatzkräfte des Roten Kreuzes erleben beim BAP-Open-Air 1991 im Moselstadion einen vergleichsweise ruhigen Tag. 60 ambulante Hilfeleistungen und Krankenhaus-Einlieferungen seien bei mehr als 22 000 Leuten recht wenig, heißt es. Die Polizei, mit 80 Beamten vor Ort, lobt die "Disziplin des Publikums". Dennoch läuft nicht alles optimal. Rund ums Moselstadion herrscht zeitweilig Verkehrschaos, während die Auffangparkplätze nicht voll belegt sind. Und viele Anwohner beschweren sich, obwohl mit Rücksicht auf sie die Veranstaltung nur bis 22 Uhr dauert und deshalb die aufwendige Bühnenbeleuchtung kaum zur Geltung kommt. Die Stadt gibt den Segen für ein weiteres Stadion-Festival im folgenden Jahr: Am 3. Juli 1992 rockt Prince an gleicher Stätte vor rund 16 000 Besuchern - Triers drittgrößtes Open-Air. Wieder verläuft fast alles in geordneten Bahnen, doch danach ist Schluss. Mangels Genehmigung für das in einem Wohngebiet gelegene Moselstadion entgehen Trier seither Freiluft-Konzerte größeren Kalibers. Bis auf jenes, das auf Platz zwei der Liste der bestbesuchten Rock/Pop-Veranstaltungen rangiert: Die Kelly Family tritt am 25. August 1995 vor rund 17 000 Fans im Messepark in den Moselauen auf. rm.

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