70 Millionen Euro Sanierungsstau bei städtischen Sozialwohnungen in Trier

Trier · Seit Jahren bastelt die Trierer Stadtverwaltung an einem Konzept, wie mit ihren maroden Sozialwohnungen umgegangen werden soll. Die Sanierungskosten haben sich seitdem verdoppelt.

 Sozialwohnungen im Steinsweg in Trier-West: Etwa 20 Prozent des städtischen Wohnungen sind so marode, dass sie unbewohnbar sind. TV-Foto: Friedemann Vetter

Sozialwohnungen im Steinsweg in Trier-West: Etwa 20 Prozent des städtischen Wohnungen sind so marode, dass sie unbewohnbar sind. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: TV-Foto: Friedemann Vetter

Es ist so etwas wie eine goldene Regel in der Immobilienbranche: Bleiben größere Bauschäden unbehoben, verdoppeln sich die Sanierungskosten etwa alle zehn Jahre. Zum Beispiel, weil durchs undichte Dach immer mehr Feuchtigkeit eindringt, die Wände immer nasser werden und schließlich nicht mehr zu erhalten sind. In Trier scheint diese Faustregel nicht zu gelten. Hier geht es doppelt so schnell: 2012 schätzte die Stadtverwaltung die Kosten für die Instandsetzung ihrer rund 650 Sozialwohnungen auf 38,5 Millionen Euro. 2015 erklärte Oberbürgermeister Wolfram Leibe, dass diese Summe angesichts Inflation, allgemeiner Kostensteigerungen und größer gewordener Schäden auf 50 Millionen Euro gestiegen sei. Die neuste Hiobsbotschaft verkündete Triers Stadtoberhaupt in der jüngsten Stadtratssitzung: "Die Sanierungskosten für unsere 650 städtischen Sozialwohnungen belaufen sich auf etwa 70 Millionen Euro", erklärte Leibe. Von 38,5 Millionen auf 70 Millionen Euro in fünf Jahren also.
Zwar hat zwischenzeitlich die Sanierung der ersten Wohnblöcke in Trier-West begonnen, und Mariahof soll folgen (der TV berichtete). Ein Gesamtkonzept, wie langfristig und systematisch das städtische Wohneigentum saniert, instand gehalten und finanziert werden kann, gibt es allerdings nicht.

Dabei hatte bereits 2009 die damalige rot-gelb-grüne Ampelkoalition im Stadtrat die Verwaltung mit einer solchen Untersuchung beauftragt. Und als Sozialdezernentin Angelika Birk 2010 ins Amt kam, kürte sie die Sicherung des städtischen Wohnungsbestands zu einem ihrer wichtigsten Anliegen. Es müsse überlegt werden, die städtischen Sozialwohnungen in eine eigene, neue Gesellschaft zu übertragen. Denn das kommunale Haushaltsrecht verbiete zum Beispiel, aus Einnahmen aus der Vermietung Rücklagen für Sanierungen zu bilden. Stattdessen fließen die Mieteinnahmen in den großen Haushaltstopf - aus dem auch andere dringende Finanzlöcher gestopft werden müssen. Würden die Sozialwohnungen etwa in den Besitz einer neuen städtischen Gesellschaft wechseln, könnte diese dagegen Rücklagen für den Bauerhalt bilden. In Schwung kam die Sache trotz aller Absichtsbekundungen von Sozialdezernentin Birk allerdings nicht.

Bereits bevor der Flüchtlingszuzug - mit dem der Bedarf an günstigem Wohnraum weiter stieg - absehbar war, machte Ex-Oberbürgermeister Klaus Jensen 2014 die Angelegenheit zur Chefsache. Heute laufen alle wichtigen Entscheidungen in Sachen Sozialwohnungsbau über den Tisch von OB Leibe.

"Ich werde noch in diesem Jahr dem Stadtrat den ausgearbeiteten Vorschlag der Stadtverwaltung vorlegen, wie wir die Sache angehen wollen", versprach Leibe in der jüngsten Stadtratssitzung.
Linke scheitern mit Antrag im Stadtrat

Mit der Ankündigung, noch in diesem Jahr ein Konzept vorlegen zu wollen, wie es mit den städtischen Sozialwohnungen weitergehen soll, bezog sich OB Leibe auf einen Antrag der Linken. Diese wollte die Verwaltung verpflichten, bis zum 14. Dezember eine Beschlussvorlage zur Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft vorzulegen. Formuliert war der Antrag, als sei die Sache bislang noch nie Thema in Rat und Verwaltung gewesen. Mit dem Hinweis, dass die im Linken-Antrag geforderten Prüfungen bereits seit Langem laufen und eine entsprechende Vorlage absehbar sei, hatte Leibe im Vorfeld der Ratssitzung bei der Linken angeregt, den Antrag zurückzustellen - wodurch Linken-Stadträtin Theresia Görgen sich "gedrängt" gefühlt habe, wie sie in der Sitzung erklärte.

Der OB wies den Vorwurf zurück. Alle übrigen Fraktionen im Rat stellten sich hinter Leibe: Die Problematik und Intention des Antrags der Linken sei absolut nachvollziehbar und unterstützenswert. Allerdings bestehe keine Notwendigkeit, mit einem solchen Antrag zum jetzigen Zeitpunkt der ohnehin in diese Richtung gehenden, angekündigten Vorlage vorzugreifen, hieß es nahezu unisono von den übrigen Fraktionen. Mit 39 Nein-Stimmen bei vier Ja-Stimmen und einer Enthaltung lehnte der Rat den Antrag der Linken ab.

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