Abschied scheibchenweise

TRIER. Ein Hauch von Abschiedsstimmung prägte den Bundeswehr-Neujahrsempfang in der Jägerkaserne. Er gehe davon aus, dass noch mindestens einmal Triers Standortältester zu einem solchen Treffen einladen werde, meinte Amtsinhaber Oberst Rosenbauer. Ganz sicher sei er sich da aber nicht. Sicher scheint nur eines: 2010 gibt es keine uniformierten Soldaten mehr in Trier.

Der Reservistenmusikzug spielte nicht (zu viele Mitglieder wegen Grippe außer Gefecht), und auch die Chefs von Kreiswehrersatzamt und Wehrtechnischer Dienststelle fehlten krankheitsbedingt - in den Reihen der Gastgeber klafften große Lücken. Unbeabsichtigt zwar, aber durchaus passend zur aktuellen Situation der Bundeswehr in Trier. Seit Bekanntwerden der tief greifenden Umstrukturierungspläne des Verteidigungsministeriums im November 2004 läuft die Uhr für Deutschlands ältesten Militärstandort. Die mehr als 2030-jährige Tradition, die anno 30 v. Chr. die Römer mit dem Bau eines Soldatenlagers auf dem Petrisberg begründeten, wird die Bundeswehr scheibchenweise beenden. "Bis spätestens 2010 wird es nach heutiger Lage der Dinge - oder besser gesagt: Entscheidungslage - so gut wie keine militärischen Dienststellen mit Uniformträgern mehr in Trier geben", erklärte Oberst Claus Rosenbauer beim Neujahrsempfang vor knapp 200 geladenen Gästen aus Verwaltung, Politik und öffentlichem Leben. Knapp 1000 Dienstposten (Soldaten und Zivilbeschäftigte) zählt der Standort Trier noch - in fünf Jahren soll es weniger als die Hälfte sein. Das Verteidigungsbezirkskommando (VBK) 42, das Rosenbauer seit 2002 leitet, ist ein Auslaufmodell. Teile davon würden im neuen Landeskommando Rheinland-Pfalz (Sitz: Mainz) aufgehen, die Heimatschutzbataillone 42 und 642 und das Ersatzbataillon 854 demnächst außer Dienst gestellt, zählte der 57-Jährige auf. Weiter: Standortverwaltung weg (Aufgabenverlagerung nach Idar-Oberstein), Sanitätsstaffel vor der Komplett-Auflösung, Fernmeldebereich 92 bis spätestens 2010 nach Daun und das "Zentrum Elektronischer Kampf" der Luftwaffe bis 2008 nach Süddeutschland - da bleibt nach derzeitigem Stand lediglich die Wehrtechnische Dienststelle (WTD) 41 auf dem Grüneberg übrig. Deren Bestand sieht Rosenbauer "auf absehbare Zeit gesichert, wenn auch mit einer geringeren Mitarbeiterzahl". Zielgröße seien 360 Mitarbeiter, derzeit sind es rund 500. In spätestens fünf Jahren keine aktiven Uniformierten mehr in Trier - das bedeutet aber keine Bundeswehr-lose Zone. Laut Rosenbauer spielen Reservisten eine verantwortungsvolle Rolle in der künftigen Bundeswehr, die sich der föderalen Struktur der Republik anpasst und jedem Bundesland ein Landeskommando zuordnet. Diese Landeskommandos werden unterstützt durch "nicht aktive Verbindungskommandos", denen ausschließlich Soldaten der Reserve angehören. Die jeweilige Leitung hat ein Beauftragter der Bundeswehr für Zivil-Militärische Zusammenarbeit (ZMZ), ein Reserve-Offizier. Diese Beauftragten werden laut Rosenbauer "im Katastrophenfall unsere Speerspitze vor Ort sein". Ungewiss ist die Zukunft der beiden letzten, bald überflüssigen Kasernen in Trier: die Jäger- und die General-von-Seidel-Kaserne. Der Bund dürfte sich von diesen Liegenschaften trennen wollen. In der Jägerkaserne ist aber zuerst eine umfassende Altlasten-Beseitigung fällig: Seit den frühen 90er-Jahren sind Bodenverunreinigungen durch Kraftstoff bekannt, die noch aus französischer Besatzungszeit stammen und nun unter ständiger Beobachtung stehen.

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