Akrobatik, Tricks und Scherze - Chinesischer Nationalcircus überzeugt Trier

Trier · Eine Zirkusarena ist üblicherweise kein Ort der Leisetreterei. Auch der Chinesische Nationalcircus wusste beim jüngsten Gastspiel in Trier, wie kraftstrotzende Körperbeherrschung, rasend schnelle Reflexe und schräger Slapstick inszeniert werden müssen, um für jede Menge offener Münder in der Arena zu sorgen. Gleichzeitig nahm sich die Produktion "Chinatown" aber auch Zeit für viele eher leise, poetische Momente.

Akrobatik, Tricks und Scherze - Chinesischer Nationalcircus überzeugt Trier
Foto: Frank Goebel (fgg) ("TV-Upload Goebel"

Trier. Zur Einstimmung gab es gleich zwei einleitende Prologe vom Band, die in die folgenden zwei Stunden einstimmten: "Fernöstliche Philosophie misst sich mit abendländischen Fragestellungen!"

Schließlich ist das Reich der Mitte von der Weltbühne längst nicht mehr wegzudenken - wo man es selbst aber auch in einer umwälzenden Dynamik wiederfindet. Und so standen am Anfang zwei Clowns in schwarzen Anzügen und mit einem großen Koffer in einer kleinen, unscheinbaren Gasse eines Chinas, wie man es fast überall auf der Welt findet - vor allem aber in den Metropolen dieser Welt.
Eine witzige, aber auch harmlose Clownerei bleibt übrigens die einzige Nummer, bei der kurz jemand aus dem Publikum einbezogen wird.

Danach tummeln sich die 26 Artisten der Tianjin Acrobatic Troupe fast durchgehend auf der Bühne: Eine Dame scheint sich schwerelos im Vertikaltuch bewegen zu können. Aus einer Mädchen-Straßengang heraus fängt deren Anführerin plötzlich an, einen massiven Holztisch mit den Füßen zu jonglieren. Die Jungs werfen sich kurz darauf gegenseitig Dutzende Hüte zu und zeigen, was man alles damit anstellen kann, wenn man lange genug übt.

Das alles steht zu liebgewonnenen Zirkusstandards, die behutsam entstaubt werden, ohne sie durch krawallige Effekthascherei zu verraten. Wer fliegende Motorsägen oder funkensprühende Motorräder sehen will, ist hier falsch. Was nicht heißen soll, dass die Artisten es sich allzu einfach machten: Viele sind fast durchweg auf der Bühne aktiv und verschwinden nur kurz, um sich neue, noch farbenprächtigere Kostüme anzuziehen.

Und der erwähnte Holztisch würde wohl ziemlichen Schaden anrichten, geriete er mal so richtig außer Kontrolle - genau wie die schweren Vasen, die sich die Artisten später punktgenau auf die Köpfe werfen. Untermalt wird das alles von einem stimmungsvollen Musikmix: Auch der verwischt alle Grenzen und bleibt damit ebenso unverortbar wie das Chinatown, in dem sich alles abspielt. Da vermischen sich alte und neue chinesische Klänge mit Dub und Flamenco, Delta-Blues und Gospel, Techno und Hip-Hop.

Auch in Sachen Lautstärke bleibt die Show jeder Überwältigungsästhetik fern. Lieber glänzen die Künstler mit ihren durchweg schön choreographierten Kunststücken: Ein langbärtiger Daoist jongliert mit zehn Bällen gleichzeitig. Eine geheimnisvolle Dame fächert ein ums andere Mal Dutzende von Karten aus dem scheinbaren Nichts auf. Burlesque-Tänzerinnen verbiegen sich derart, dass man sich fragt, ob sie vielleicht gar kein Rückgrat haben.

Für so viel farbenfrohen Einsatz stehen die rund 750 Zuschauer am Ende auf, um zu klatschen - es folgt immerhin so viel Applaus, wie eine eher spärlich besetzte Arena eben erzeugen kann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort