Alle warten darauf, dass nichts passiert

Trier · Wie schnell doch eine Räumung vonstattengehen kann. Nahezu geräuschlos sind die Vorbereitungen für die Entschärfung einer Weltkriegsbombe gelaufen, die bei Bauarbeiten auf einem Gelände in der Trierer Neustraße gefunden worden waren. Gleichwohl war es jede Menge Arbeit.

 Nur wenige Leute nutzen am Freitagabend die Möglichkeit, während der Bombenräumung im Friedrich-Wilhelm-Gymnasium abzuwarten (unten). Bewohner der Residenz am Zuckerberg sind schon am Nachmittag zum Irminenstift gefahren worden (links). TV-Fotos (4): Klaus Kimmling (3); Roland Morgen (1)

Nur wenige Leute nutzen am Freitagabend die Möglichkeit, während der Bombenräumung im Friedrich-Wilhelm-Gymnasium abzuwarten (unten). Bewohner der Residenz am Zuckerberg sind schon am Nachmittag zum Irminenstift gefahren worden (links). TV-Fotos (4): Klaus Kimmling (3); Roland Morgen (1)

Foto: (h_st )

Trier. Die Verkäuferin in einer Bäckerei unweit des Bombenfundorts kann am Freitagnachmittag der Räumung der Trierer Innenstadt sogar etwas Gutes abgewinnen: "Ich habe heute früher frei, da der Laden schon um 18 Uhr schließt." Spätestens um 19 Uhr hat sie Feierabend. Für viele andere Helfer und Bürger wird es dann erst spannend.
Vor einer großen logistischen Herausforderung stehen am Freitag beispielsweise Bewohner und Mitarbeiter der Residenz am Zuckerberg. Dort leben rund 170 Senioren. Andreas Koll ist Geschäftsführer der Residenz Hotel am Zuckerberg GmbH. Er sagt: "Einige Bewohner können bei ihren Angehörigen unterkommen." Andere werden im Krankenhaus untergebracht. Zudem gibt es Platz im nicht von der Räumung betroffenen Teil des Böhmerklosters. "Dankenswerterweise haben uns auch die Vereinigten Hospitien Platz angeboten", sagt Koll.Hotelgäste weichen aus


Bereits seit dem Mittag hat sich die Residenz immer mehr gelehrt, denn um 19 Uhr darf niemand mehr im Gebäude sein. Geschäftsführer Koll hofft, dass dieser Zustand nicht lange andauert. "Wenn alles klappt, dann können unsere Bewohner wohl bis 0.30 Uhr wieder alle in ihren Zimmern sein." Schließlich benötigt der eine oder andere Senior Hilfe beim Zubettgehen. Deshalb sind auch besonders viele Mitarbeiter der Residenz am Freitag im Dienst.
Die Vereinigten Hospitien sind auch Ausweichquartier für die Hotelgäste des Park-Plaza am Nikolaus-Koch-Platz mit seinen 150 Zimmern und Suiten. Direktorin Elisabeth Schug und ihr Team haben in den vergangenen Tagen alle Hände voll zu tun gehabt, um den Tag der Räumung zu organisieren. Von der Evakuierung hat sie eher durch Zufall erfahren. Schug: "Ein Hotelgast hat uns informiert." Von offizieller Seite habe es erst einmal keine Information gegeben.
Von den Vorbereitungen auf einen zeitweisen Umzug ist in der Trierer City am Freitagnachmittag lange Zeit nichts zu bemerken. Allenfalls das eine oder andere Hinweisschild an den Eingängen der Läden zeigt, dass der 1. Juli ein besonderer Freitag ist. Gegen 17 Uhr wird es dann ernst. Immer mehr Lokale und Betriebe schließen. Die sonst belebten Straßen leeren sich zusehends. Erstaunlich schnell wird es ruhig auf dem Alleenring. Das Verkehrschaos bleibt aus.
Benno Skubsch ist Center-Manager der Trier-Galerie mit ihren rund 70 Geschäften. Dort werden die Kunden um 18 Uhr mit einer Durchsage zum Verlassen der Galerie gebeten. Um 19 Uhr ist dort Feierabend. Skubsch sagt: "Einige Kunden haben ihre Erledigungen wohl auf den Vormittag gelegt." Es sei mehr los gewesen als an anderen Freitagen. "Wir sehen die Sache relativ entspannt", sagt er. Die Entschärfung müsse eben sein.

Ganz nah dran am Ort der Entschärfung ist das Geschäft von Edith Lücke. Sie sagt: "Es sind heute weniger Kunden da als normal." In den vergangenen Tagen habe es zudem Terminverlegungswünsche gegeben. Sie ist sicher, dass es für die Entschärfung keinen optimalen Termin gibt. "Irgendjemand ist immer da, dem es nicht passt." Lücke wird den Abend nutzen, um Essen zu gehen. Und sie ist sicher, dass am Samstag mehr Betrieb sein wird als an vergleichbaren Tagen.

In gastronomischen Betrieben sieht man den Termin kritischer. Maytin Octavio von der Kneipe Astarix in der Nähe des Theaters erklärt, warum: "Die Freitage und Samstage sind die umsatzstärksten Tage." In dieser Woche fällt einer dieser beiden Termine nahezu weg. Das Astarix, wo es sonst bis 23 Uhr warme Küche gibt, schließt um 17 Uhr. "Und wir machen heute auch nicht mehr auf."

Im Gegensatz zu normalen Freitagen gibt es in den Berufsbildenden Schulen und im Friedrich-Wilhelm-Gymnasium auch am Abend offene Türen. Dort befinden sich Evakuierungsunterkünfte. Wenige Bürger nutzen diese. Eine von ihnen ist Monika Wilhelmi. Ihre Wohnung liegt knapp innerhalb des zu räumenden Bereichs. "Aber es hilft nichts", sagt sie. Angst, dass etwas passieren könnte, hat sie nicht. Und damit es ihr nicht zu langweilig wird, hat sie sich ein Buch mitgebracht. Ken Follets "Winter der Welt" soll ihr die Zeit vertreiben, bis sie wieder zurück kann. "Wenn es nach mir geht, um 22 Uhr", sagt sie. Und es geht nach ihr. Um 21.42 meldet die Stadtverwaltung, dass die Sperrung aufgehoben ist.
Extra

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Insgesamt waren am Freitagabend in Trier rund 560 Helfer im Einsatz. Ein 25-köpfiger Krisenstab mit Vertretern von Feuerwehr, Polizei und Stadtverwaltung koordinierte die Evakuierung der Innenstadt. Der Stab wurde geleitet von Triers Feuerwehrdezernent Thomas Egger. Unter den Helfern waren 308 Mitarbeiter von Rettungsdiensten, Katastrophenschutz und Berufsfeuerwehr sowie den Freiwilligen Löschzügen aus der Stadt Trier, 137 Polizisten und 116 Mitarbeiter der Stadtverwaltung (unter anderem aus dem Tiefbauamt, dem Presseamt und dem Straßenverkehrsamt) sowie des Technischen Hilfswerks. woc

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