Alphonse im Wunderland

TRIER. Die Trierer Stiftung Mukapasika unterstützt ein Behindertenprojekt in Ruanda. Sie sammelt Geld und gibt Hilfe zur Selbsthilfe. Praktikant Alphonse Ndereyimana soll das in Trier Erlernte in der Heimat weitergeben.

 Die Trierer Stiftung Mukapasika macht's möglich: Alphonse Ndereyimana aus Ruanda absolviert ein Praktikum bei Guido Poss (rechts), Inhaber von Orthopädie-Schuhtechnik Poss in Trier.Foto: Roland Morgen

Die Trierer Stiftung Mukapasika macht's möglich: Alphonse Ndereyimana aus Ruanda absolviert ein Praktikum bei Guido Poss (rechts), Inhaber von Orthopädie-Schuhtechnik Poss in Trier.Foto: Roland Morgen

Es gibt Momente, die graben sich unauslöschlich in die Erinnerung ein. Berufsschullehrer Gottfried Nyssen aus Trier hatte ein solches Schlüsselerlebnis 1988 bei einer Ruanda-Reise. In einer Hütte sah er ein siebenjähriges Mädchen mit einem Klumpfuß, angekettet auf einem Haufen Bohnenstroh kauernd. "Behinderte werden versteckt, weil man glaubt, sie seien von den Ahnen verflucht, und jeder, der sie berührt, werde ebenfalls verflucht", klärte ihn der kanadische Afrikamissionar Pater Armand Poulin auf. Nyssen war entsetzt und beschloss zu helfen. 1991 gründete er die Stiftung Mukapasika, benannt nach dem Kind aus der Hütte.Gesucht: Gebrauchte Schuster-Ausrüstung

Die Stiftung unterstützt das von Pater Armand gegründete Behindertenhilfswerk Rushaki/Kiyombe im ruandischen Bistum Byumba. Ihr Zweck: behinderten Menschen medizinische, soziale und schulische Hilfe leisten, indem sie Heilbehandlungen finanziert und den Behinderten eine Schul- und Berufsausbildung ermöglicht. Nyssen (56) fand engagierte Mitstreiter, darunter seinen ehemaligen Schüler, den Diplom-Betriebswirt und Ex-Fußballprofi Achim Wilbois. Der heute 40-Jährige organisierte 1992 ein Benefizspiel seines Vereins Eintracht Trier gegen den VfL Trier und managt die Stiftungsfinanzen: Rund 5000 Euro wirft das auf rund 100 000 Euro angewachsene Stiftungsvermögen jährlich ab - viel Geld, mit dem sich viel Elend lindern und Perspektive schaffen lässt. "Seit 1991 haben wir mehr als 2000 Menschen helfen können", lautet Nyssens positive Bilanz. Zufrieden ist er nicht: "Es gibt in Ruanda so viele Kinder und Jugendliche, die als Minenopfer beide Beine verloren haben und auf Prothesen angewiesen sind." Da ist jeder Cent willkommen, doch die Stiftung setzt auch auf Hilfe zur Selbsthilfe. Ein Hoffnungsträger ist Alphonse Ndereyimana. Der 34-jährige Lehrer absolviert zurzeit ein Praktikum bei Orthopädie-Schuhtechnik Poss. Die guten Beziehungen Nyssens, der den Gast aus Ruanda bei sich Zuhause beherbergt, und die Bereitschaft von Firmenchef Guido Poss ("Ehrensache, dass ich helfe") machen's möglich. Sinn der Mission: Alphonse Ndereyimana soll bei seinem allerersten Auslandsaufenthalt die Grundfertigkeiten im Herstellen von orthopädischen Schuhen und Gehhilfen erlernen und daheim weitergeben. Die Arbeitsbedingungen bei Poss in der Dietrichstraße findet der Gast aus Zentralafrika ähnlich traumhaft wie Mitteleuropäer einen Fantasy-Film. Obwohl er bereits Mitte Juni nach Trier kam und die ersten Wochen beim Club Aktiv schnupperte, wundert er sich immer noch und immer wieder, "dass es überall Strom und fließendes Wasser gibt". Nyssen hatte den anfänglichen "Kulturschock" leicht unterschätzt: "Vor einigen Wochen wartete ich Zuhause auf Alphonse, doch er tauchte einfach nicht auf, obwohl er die Zuverlässigkeit in Person ist. Nach zwei Stunden ging ich vor die Tür - und da saß er, auf den Treppenstufen. Klar. Er kannte ja keine Klingel." Alphonse im Wunderland - in zwei Wochen fliegt er zurück in die Heimat und muss sich dann schon wieder umstellen. Die Technik, die er in Trier kennen lernt, gibt es beim Behindertenhilfswerk Rushaki/Kiyombe nicht. Noch nicht. Guido Poss will behilflich sein bei der Suche nach einer gebrauchten Schuhmacher-Nähmaschine und einer Schleifmaschine. Gottfried Nyssen ist verzückt über diese spontane Ankündigung: "Das würde uns um Jahre nach vorn bringen - auch wenn der Antrieb über Generator laufen müsste." Dann kann man auch gleich Innenminister Walter Zuber beim Wort nehmen, der versprochen hat, Mainz werde Hilfstransporte ins rheinland-pfälzische Partnerland nach Kräften unterstützen.Nähmaschine aus Pluwig in Zentralafrika

Sachspenden aus dem Raum Trier tragen mit dazu bei, den Menschen in dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Land Perspektiven zu geben. So hat Mukapasika, die inzwischen 22-jährige Namensgeberin der Stiftung, erfolgreich eine zweijährige Ausbildung zur Näherin und Schneiderin im Behindertenzentrum absolviert. Die Nähmaschine, an der sie lernte und mit der sie jetzt ihren Lebensunterhalt verdient, stammt von einer Schneidermeisterin aus Pluwig. Die Stiftung Mukapasika, eine Organisation zur Finanzierung der Behindertenhilfe Rushaki/Kiyombe im Bistum Byumba/Ruanda, unterhält ein Spendenkonto bei der Sparkasse Trier: Nummer 161646 (BLZ 58550130). Fragen zur Stiftung beantwortet der Vorsitzende Gottfried Nyssen, Telefon 0651/9916463.

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