Als der Theodor noch im Fußballtor stand

Trockene Historie einmal anders präsentiert: "Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland im Spiegel des deutschen Schlagers": Mit dieser Idee begeisterte die Musikwerkstatt der Volkshochschule Trier im Varieté Chat Noir die Zuschauer.

Trier. (DQ) Wer erinnert sich noch an den ersten Schlager-Hit in der neugegründeten Bundesrepublik Deutschland? Es war ein Blödelsong: "Der Theodor, der Theodor, der steht bei uns im Fußballtor". Im Jahr 1947 aufgenommen von Margot Hielscher wurde er 1950 zu einem großen Erfolg Theo Lingens. Doch was ist überhaupt ein Schlager? Laut Definition ein "leicht eingängiges Gesangsstück" mit wenig anspruchsvollem Text, ein "kommerzielles Produkt für den saisonalen Markt". So gesehen legt der Schlager, auch wenn er fast immer von Liebe handelt, ein beredtes Zeugnis ab von der Befindlichkeit in der Gesellschaft.

Im Varieté Chat Noir hat die Musikwerkstatt der Volkshochschule Trier durch die Brille des deutschen Schlagers einen augenzwinkernden Blick auf die 40-jährige Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geworfen. Moderator Dieter Lintz, Schauspielerin Barbara Ullmann und Pianist Joachim Mayer-Ullmann sorgten für einen kurzweiligen Abend mit viel Musik.

ZDF-Hitparaden-Verbot für Bernd Clüvers Schwulensong



In den harten Jahren der Nachkriegszeit waren Optimismus, Heiterkeit und Sentimentalität gefragt. Ein großer Hit: Die unvergessenen "Caprifischer", die dem Sänger Rudi Schuricke eine erste Goldene Schallplatte einbrachten und in den kommenden Jahrzehnten für unzählige weitere "Fernweh"-Schlager sorgen sollten.

Gleichzeitig rührte Freddy Quinn die Republik mit "Heimweh" zu Tränen. In den 60er Jahren stürmten zahlreiche ausländische Interpreten wie Bill Ramsey, Cliff Richard, Nana Mouskouri und Wencke Myhre den deutschen Markt; Babyboom und Wirtschaftskrise wurden besungen. Die 70er gehörten gesellschaftlichem Aufbruch und wachsendem Umweltbewusstsein. So trauerte Alexandra um "Mein Freund, der Baum"; Udo Jürgens karikierte mit "Ein ehrenwertes Haus" spießbürgerliche Bigotterie. Bernd Clüver allerdings erhielt ZDF-Hitparaden-Verbot mit seinem Schwulensong "Mike und sein Freund".

"Das hab ich mir mein ganzes Leben gewünscht", scherzte Barbara Ullmann, als sie mit Gitarre bewaffnet in die Fußstapfen von Schlagersängerin Nicole stieg: "Ein bisschen Frieden", der bislang einzige deutsche "Grand Prix"-Sieg im Jahr 1982. Trotz "Neuer deutscher Welle" verlor der Schlager in den Folgejahren an Bedeutung, bis vor der Jahrtausendwende ein kauziger Trie rer namens Guildo Horn alle liebhatte und rockte: "Ich find Schlager toll!"

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