Als die Synagogen brannten

Demut vor den Opfern des Nationalsozialismus, aber auch Hoffnung für ein besseres Zusammenleben in Zukunft: So lässt sich die Botschaft der Gedenkfeier der Stadt Trier am vergangenen Sonntag anlässlich des 70. Jahrestags der Reichspogromnacht auf den Punkt bringen. Im Rathaus plädierten Oberbürgermeister Klaus Jensen und Benz Botmann, Vorsitzender der Jüdischen Kulturgemeinde Trier, für anhaltenden Dialog.

Trier. Brennende Synagogen, zerborstene Fensterscheiben, demolierte Möbel auf den Straßen: Der Morgen des 10. November 1938 offenbarte auch in Trier ein Bild jener Verwüstung, die von den Nationalsozialisten in der Nacht zuvor gegen Synagogen und jüdische Geschäfte vollzogen wurde.

"Die Pogromnacht bildete den Scheitelpunkt des Wegs zur Shoa, der so genannten Endlösung, zum millionenfachen Mord an Juden aus ganz Europa", sagte Oberbürgermeister Klaus Jensen in seiner Ansprache vor rund 300 Vertretern des öffentlichen Lebens im Großen Rathaussaal. Der Jahrestag verpflichte, an das Geschehene zu erinnern - und habe auch für die Gegenwart eine entscheidende Bedeutung: "Nur im Bewusstsein der Vergangenheit und dessen, was an Unvorstellbarem geschehen ist, sind wir sensibel genug, heute auf die ersten Anzeichen von Antisemitismus, Rassismus oder Fremdenhass zu achten", sagte Jensen. Dabei warb er auch für anhaltenden Dialog: "Dass mit Benz Botmann der Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde unter uns weilt, ist ein Zeichen beiderseitigen Vertrauens." Jensen plädierte außerdem dafür, die "Stolperstein"-Aktion fortzuführen, für eine dauerhafte Gedenkstelle an die Namen der deportierten Trierer Juden.

Und auch Benz Botmann fand in seiner Ansprache gleichwohl versöhnliche wie mahnende Worte: "Auch heute noch machen sich Juden mehr Gedanken über ihre Sicherheit als andere. Vor jüdischen Gebäuden steht bisweilen die Polizei, Eltern sagen ihren Kindern, sie sollen keine offensichtlich jüdischen Symbole tragen."

So gehörten Friedhofsschändungen und Drohbriefe auch heute noch "zum Leben der jüdischen Gemeinden dazu", sagte Botmann und warb gleichwohl für den Abbau von Vorurteilen und für ein friedliches Miteinander. Umrahmt wurde die Gedenkveranstaltung von Schülern des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums, die das Thema musikalisch, literarisch und szenisch aufbereiteten. Nach der Gedenkfeier im restlos besetzen Rathaussaal legten Jensen und Botmann in Anwesenheit des Rabbiners Gérard Rosenfeld einen Gedenkkranz an der Stelle der alten Synagoge am Zuckerberg nieder und gedachten der Zerstörung des Gebäudes sowie der Opfer der Konzentrationslager mit einem Gebet. Die Synagoge am Zuckerberg wurde in der Pogromnacht in Brand gesteckt und die Inneneinrichtung zerstört, von den 24 Torarollen konnte nur eine einzige gerettet werden - diese befindet sich heute nur wenige Meter weiter in der neuen Synagoge in der Kaiserstraße. Das 1957 eingeweihte Gebäude ist der einzige Synagogen-Neubau in Rheinland-Pfalz seit dem Ende des Nationalsozialismus.

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