"Es war wie ein Erdbeben" - Ungewollter Schnellabriss: Alte Kyllbrücke in Trier-Ehrang stürzt ein

Trier · Mit einem gewaltigen Krachen ist die alte Kyllbrücke in Trier-Ehrang am Dienstagmittag durchgebrochen und abgestürzt. Für einen Bauarbeiter hätte der Unfall unter Umständen tödlich enden können – doch der Mann brachte sich geistesgegenwärtig in Sicherheit.

"Es war wie ein Erdbeben" - Ungewollter Schnellabriss: Alte Kyllbrücke in Trier-Ehrang stürzt ein
Foto: Marcus Hormes/Friedemann Vetter


Dienstag gegen 11.45 Uhr: Ein Mitarbeiter der Bauunternehmung Bruno Klein GmbH & Co. KG aus Jünkerath (Landkreis Vulkaneifel) ist mit Vorarbeiten zum geplanten Abriss der alten Kyllbrücke in Trier-Ehrang beschäftigt (der TV berichtete). Mit seinem großen Bagger steht er auf der Brücke und trägt die Betondecke der Fahrbahn ab. Plötzlich hört er verdächtige Geräusche, ein Knacken und Knirschen. Als der Mann sieht, dass sich ein Stahlträger verformt, fährt er so schnell wie möglich von der Brücke. Eine goldrichtige Reaktion, die ihm womöglich sogar das Leben rettet. Denn im nächsten Moment bricht die Brücke am sogenannten Widerlager Richtung Innenstadt komplett ab und stürzt drei Meter tief ans Kyllufer, jedoch nicht ins Wasser.
Bauarbeiter, Passanten und Anwohner werden aufgeschreckt. Uwe Müller (53) aus Trier-Biewer ist gerade zur Untersuchung in der benachbarten Hausarztpraxis: "Es war wie ein Erdbeben oder eine Bombenexplosion. Alles hat gewackelt, die Scheiben haben geflattert. Ich hab' zum Arzt gesagt: Da ist bestimmt die Brücke eingestürzt." Zwei Mitarbeiterinnen der Praxis bestätigen die Schilderung: "Es hat ganz schön gescheppert, aber zum Glück ist bei uns nichts kaputt gegangen."

Die Lage beruhigt sich schnell wieder, denn niemand ist verletzt. Der Verkehr fließt schon seit zwei Wochen über die parallele Behelfsbrücke und wird durch den Unfall nicht beeinträchtigt. Die Behelfsbrücke ist allerdings nur für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen und nur in Richtung Innenstadt befahrbar.
Fachleute des städtischen Tiefbauamts und der Baufirma klären vor Ort mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord das Vorgehen. Verzögerungen erwartet die Stadt nicht, wie Pressesprecher Ralf Frühauf sagt: "Die Abrissarbeiten sollen unverzüglich fortgesetzt und wie geplant spätestens Ende Oktober abgeschlossen werden." Die neue Brücke soll im Spätsommer 2016 fertig und befahrbar sein.

Bleibt die Frage, wie es zu dem Unfall kam. Die jüngste Prüfung der 1954 erbauten Kyllbrücke datiert aus dem Jahr 2013. Damals wurde der Zustand auf einer möglichen Skala von eins (gut) bis vier mit 3,5 klassifiziert. Auf dieser Grundlage wurde ein Neubau der Brücke beschlossen.
Inwieweit die Baufirma beim Abriss möglicherweise Fehler gemacht hat und ein unnötiges Risiko eingegangen ist, ist derzeit unklar. Aus dem Rathaus heißt es zur Ursache: "Klar scheint, dass das Versagen der Konstruktion unmittelbar mit den Abrissarbeiten zusammenhängt. Wir gehen auch nicht einfach zur Tagesordnung über, sondern untersuchen das genau und werden aus der Erfahrung Konsequenzen für künftige Projekte ziehen. Wir sind sehr froh, dass bei dem Unfall niemand zu Schaden gekommen ist", fügt Frühauf hinzu.
Auf TV-Anfrage verweist ein Sprecher der Bauunternehmung Bruno Klein auf die Pressemitteilung der Stadt. Darüber hinaus sagt er nur: "Dem Baggerfahrer geht es gut. Der Abbruch der Brücke war nötig, die Träger hatten nicht mehr die nötige Stabilität."

Am Abend sagte Triers Baudezernent Andreas Ludwig bei der Stadtratssitzung, durch den Unfall würden sich weder die Kosten für den Abbruch erhöhen, noch werde sich der Zeitplan verändern. "Allerdings muss die Brücke nun vom Kyllufer aus abgerissen werden."Extra: Zeugen

Anwohner Oliver Helpenstell (42): "Ich habe in meinem Wohnzimmer gesessen und auf der Heimkinoanlage einen Film geguckt. Da habe ich mich noch über die realistischen Spezialeffekte gewundert und dann gemerkt, dass wirklich die Wände gewackelt haben und der Tisch ein Stück hochgesprungen ist. Ich hab' gedacht, mir fällt das Dach auf den Kopf!"
Ein Augenzeuge: "Ich stand daneben, als die Brücke eingestürzt ist. Der Bagger stand darauf und sollte Betonreste abbrechen. Dann hat es Rumms gemacht und einen Wahnsinnsknall gegeben. Der Baggerfahrer ist sofort umgedreht und konnte rechtzeitig von der Brücke herunterfahren."
Petra Steuer (51) von der Bäckerei Günter Werno: "Ich stand hier mit zwei Brückenarbeitern im Laden. Dann hat es wahnsinnig geknallt, und die zwei sind sofort rausgelaufen." kha

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