Am Anfang war das Nichts

Um das Trierer Schulentwicklungskonzept ranken sich schon Legenden, bevor es überhaupt fertiggestellt ist. Aber wer seine möglichen Qualitäten beurteilen will, sollte wissen, wie sorgfältig es erarbeitet wurde.

Trier. Am Anfang, im Jahr 2005, war das Nichts. Oder sagen wir: fast nichts. 43 Schulen hat die Stadt Trier in ihrer Trägerschaft, aber die letzten systematischen Planungen für deren Fortentwicklung lagen mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Seither beschloss der Stadtrat mit schöner Regelmäßigkeit, ein Entwicklungskonzept aufzustellen. Und ebenso regelmäßig verschwand das Thema wieder von der Tagesordnung, sei es aufgrund Personalmangels, politischer Querelen, Zuständigkeitsfragen, Geldnot oder schlichter Untätigkeit der zuständigen Amtsinhaber. Rahmendaten mühsam zusammengetragen

Als es im Sommer 2005 nach einem weiteren Anlauf im Stadtrat ernst wurde, begann man faktisch auf dem Nullpunkt. Für das eigens gegründete Expertengremium eines "Runden Tisches" mit Vertretern aus Schulen, Wirtschaft und Politik mussten die Rahmendaten über den Zustand, die Ausstattung, die Struktur, die Angebote und die Besetzung der Schulen erst einmal mühsam zusammengetragen werden. Offenkundig hatte man bei der Stadt seit langem das Schul-Imperium verwaltet, ohne genau zu wissen, was dort eigentlich los war.Basis aller Ermittlungen war der Runde Tisch. "Wir haben die Entwicklungstrends bei den Fachleuten dort abgefragt", sagt der Leiter des Stadtplanungsamtes, Johannes Weinand. Man analysierte Ziele, arbeitete Gemeinsamkeiten heraus, verständigte sich über mögliche Weiterentwicklungen der schulischen Angebote. Das ging von der Frage, ob in Trierer Schulen angesichts der Globalisierung genügend Chinesisch-Kurse existieren bis zur Durchforstung von Extra-Angeboten in Grundschulen. Die Statistiker sorgten im Zuge dieses Prozesses dafür, dass das notwendige Datenmaterial erarbeitet wurde.Bei Hans-Peter Nossem liefen die Daten zusammen. "Es gab keine zentrale Datei, bei der wir einfach hätten etwas Passendes abrufen können", erinnert er sich. Man griff auf die Schul-Zahlen des Statistischen Landesamtes in Bad Ems zurück, holte sich bei den Schulen deren interne Statistiken, ergänzte fehlende Angaben über Fragebögen. Ein "Steckbrief" für jede einzelne Schule

Dabei war ein umfassendes Bild gefragt. Wie viele Schüler, wie viele Lehrer, welche Raumverhältnisse, welche inhaltlichen Angebote - das wurde ebenso eruiert wie das Umfeld im Stadtteil, die "Kokurrenz-Lage" zu anderen Schulen oder die Ausstattung. Gemeinsam mit dem Bauamt begaben sich die Planer auch vor Ort und untersuchten die Gebäude-Substanz. Aus allen Angaben gemeinsam entstand das, was Weinand einen "Steckbrief" jeder einzelnen Schule nennt. Ein mordsmäßiger Aufwand, "an den wir anfangs vielleicht ein bisschen naiv herangegangen sind". Aber die Arbeit hat sich offenkundig gelohnt. In enger Abstimmung mit dem Runden Tisch konnten die Statistiker auch Rahmendaten wie die Bevölkerungsprognose, die erwartete Stadtteilentwicklung und die Prioritätensetzung der Eltern bei der Schulwahl in ihre "kleinräumigen Vorausschätzungen" (Weinand) einbauen. Ergebnis: Der Chef-Planer ist sich sicher, "dass wir bewertende Aussagen zu jeder einzelnen Schule treffen können". Verlässliche Basis für "strategische Leitplanken"

Und die Treffsicherheit? Weinand spricht ungern von fixen "Prognosen", lieber redet er von einem "Entwicklungskorridor" mit verschiedenen "Varianten". Manche Zahlen könne man auf die jeweilige Schule bezogen verlässlich bis 2017 vorausschätzen, andere seien stetigem Wandel unterworfen. Aber neue Entwicklungen wie etwa "Realschule plus" einzuarbeiten, sei machbar. Und um "strategische Leitplanken" für die Trierer Schulentwicklung zu setzen, reiche die Basis allemal aus. Das Ziel ist dabei klar: Aus der Mangelverwaltung zu einer gezielten Entwicklung zu kommen, die jeder einzelnen Schule gerecht wird. Dass es dabei nicht nur Gewinner geben kann, ist Weinand klar. "Aber", so betont er, "so war auch der Auftrag an uns". Die letztliche Entscheidung, weiß der Planer, "liegt sowieso bei der Politik".

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