"Am Anfang war es Egoismus"

Auf Bundesebene feiert die Lebenshilfe in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. In Trier gibt es die Lebenshilfe seit 1962, und auch hier kann sie auf eine enorme Entwicklung zurückblicken. Heinz Hausmann, Mitbegründer der Lebenshilfe Trier, erzählt im TV, wie alles begann.

 Winfried und Heinz Hausmann vor dem Wohnheim der Lebenshilfe in der Schützenstraße. Die Einrichtung besteht in Trier seit 1962 und bundesweit seit 50 Jahren. TV-Foto: Bianca Theisen

Winfried und Heinz Hausmann vor dem Wohnheim der Lebenshilfe in der Schützenstraße. Die Einrichtung besteht in Trier seit 1962 und bundesweit seit 50 Jahren. TV-Foto: Bianca Theisen

Trier. "Am Anfang war es Egoismus, wir wollten unseren Winfried untergebracht wissen. Doch schnell wurde daraus mehr, nämlich der Wunsch, bei einer Sache mitzumachen, die Sinn und Zukunft hatte", erzählt Heinz Hausmann. Ende der 50er Jahre musste der Vater eines autistischen Sohnes feststellen, dass es weder Betreuungs-Einrichtungen noch Beratungsstellen für Behinderte und deren Angehörige gab. "Die Berührungsangst zwischen Normalbürgern und Behinderten war groß. Es herrschte Unsicherheit bei den Nicht-Behinderten in Bezug auf den Umgang mit behinderten Menschen." Aus einer Bürgerinitiative wird ein Zukunfts-Projekt

Ein Vortrag von Tom Mutters, einem Niederländer, der die Lebenshilfe am 23. November 1958 in Marburg gegründet hatte, bot mehr als einen Lichtblick. Er markierte den Beginn der Lebenshilfe Trier im Jahr 1962. Zunächst schlossen sich Bürger, Pädagogen und Politiker zusammen. Heinz Hausmann, Architekt und Vater des autistischen Winfrieds, Aenne Kappes, Rektorin der Schule für Lernbehinderte, und der ehemalige Bürgermeister Paul Kreutzer bildeten das perfekte Team, um aus einer Bürgerinitiative ein zukunftsträchtiges Projekt zu machen. "Mit sechs behinderten jungen Erwachsenen in einem kleinen Zimmer im Warsberger Hof haben wir angefangen", erinnert sich Heinz Hausmann. Dank eines glücklichen Zufalls wurde drei Jahre später die Villa Henn in der Paulinstraße frei. Mit dem Architekten Hausmann an Bord war der Umbau in eine behindertengerechte Einrichtung ein Leichtes. Damit war nicht mehr nur Platz für sechs Menschen mit Behinderung, sondern für 60. Dank einer großen Spendenaktion, die 100 000 Mark (etwa 50 000 Euro) einbrachte, konnte bald darauf der Umbau des ehemaligen Klosters Olewig erfolgen. Auf Schulen folgten Werkstätten, auf Werkstätten Wohnheime. "Denn es wurde propagiert, dass auch junge Behinderte dann ihr Elternhaus verlassen sollten, wenn Nicht-Behinderte ausziehen", sagt Hausmann. Sein heute 55-jähriger Sohn Winfried wohnt in einem von mittlerweile vier Wohnheimen und erhält die Betreuung, die er benötigt, um ein ihm und seinen Fähigkeiten entsprechendes Leben zu führen. EXTRA Chronologie der Lebenshilfe:1958: Der Niederländer Tom Mutters gründet die Lebenshilfe in Marburg und legt damit den Grundstein für die heute mehr als 3000 Lebenshilfe-Einrichtungen in Deutschland. 1962: Gründung der Lebenshilfe Trier mit dem damaligen Bürgermeister Paul Kreutzer als erstem Vorsitzenden. 1965: Die Villa Henn in der Paulinstraße 14 wird die erste große Einrichtung des Vereins. 1969: Einweihung des ehemaligen Klosters Olewig, das neben einem Kindergarten und einer Schule für körperbehinderte Kinder auch eine Werkstatt für Behinderte beherbergt. 1974: In der Petrusstraße 26 entsteht das erste Wohnheim der Lebenshilfe für behinderte Frauen und Männer. 1987: Eine integrative Kindertagesstätte ermöglicht ein gemeinsames Spielen zwischen behinderten und nicht behinderten Kindern. 1998: Fertigstellung des mittlerweile vierten Wohnheimes im Maarviertel. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.lebenshilfe-trier.de oder bei der Lebenshilfe-Geschäftsstelle in der Schöndorfer Straße 62, 54292 Trier, Telefon 0651/463972-20. (bth)

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