Am Puls der Zeit

In Zeiten der weltweiten Finanzkrise lohnt ein genauer Blick auf das aufstrebende Reich der Mitte: Frank Sieren, Bestseller-Autor und China-Korrespondent der "Zeit", sprach beim traditionellen Sparkassen-Forum über die Rolle Chinas in der Weltwirtschaft und stand den interessierten Zuhörern im Anschluss für Gespräche bereit.

Trier. (kbb) Die zentrale Rolle der Volksrepublik China in der internationalen Wirtschaft mit Blick auf die Finanzkrise war Thema des Vortrags des Sparkassen-Forums. China-Experte Frank Sieren referierte im Sparkassengebäude in der Theodor-Heuss-Allee vor 750 Gästen über den "China-Schock".

Dass das Ausmaß eben jener Krise aber auch mit der Strategie der chinesischen Führung zu tun hat, war Kern der Ausführungen des China-Korrespondenten. Sieren skizzierte die enormen Gleichgewichtsverschiebungen, die sich derzeit vollziehen: "Während China im vergangenen Jahr durch Exporte rund 300 Milliarden Dollar auf die hohe Kante legen konnte, läuft es bei den USA genau umgekehrt: Sie müssen sich jeden Tag etwa eine Milliarde Dollar leihen." China, der größte Gläubiger der Vereinigten Staaten, habe damit im internationalen Vergleich massiv an Gewicht gewonnen - und gewinne durch die großen Devisenreserven zudem an finanzpolitischem Entscheidungsspielraum. "Viele, gerade in Deutschland, sehen den China-Boom als Gefahr. Dabei öffnen sich auch deutschen Unternehmen durch die riesigen chinesischen Märkte völlig neue Möglichkeiten - es kommt aber darauf an, diese zu erkennen und sich rechtzeitig zu positionieren." Derlei Fragen, argumentierte der profilierte China-Experte und Buch-Autor ("Der China-Schock"), der 1986 in Konz Abitur gemacht und in Trier und Berlin Politikwissenschaft studiert hat, müssten aber auch in einem größeren Zusammenhang betrachtet werden. "Bisher war der Westen es gewohnt, dass wir die Spielregeln überall auf der Welt bestimmen konnten. Diese Vorherrschaft geht aber langsam zu Ende und wir müssen annehmen, dass sich unser Gewicht zunehmend relativiert."

Dabei hatten die Zuhörer auch die Gelegenheit aktiv zu werden, Fragen zu stellen und zu diskutieren: Nach dem Vortrag stellte sich Sieren ihren Fragen, erzählte von seinem Alltag als Korrespondent in Peking und von den kulturellen Unterschieden zwischen Deutschland und China. Dabei, so Sieren, schlage die Nadel für ihn dann doch wieder in Richtung Deutschland aus: Denn schlechte Luft und vor allem renitente Joghurtdeckel - die sich nur per Taschenmesser entfernen lassen - seien auf Dauer unkomfortabler als ihre deutschen Pendants.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort