An Weihnachten nicht allein

TRIER. Arme oder einsame Menschen müssen in Trier den Heiligen Abend nicht alleine verbringen: Im Kolpinghaus traf man sich auf Einladung des Kolpingwerks Trier-Saarburg, unterstützt von der Innenstadtpfarrei Liebfrauen. Zu einem "Fest der Freude" lud der Trierer Stadtverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in die Villa Reverchon auf dem Markusberg ein.

Während Weihnachtseinkäufer unterwegs sind zu ihren letzten Besorgungen, haben andere mit dieser Form von Weihnachten weniger am Hut: Eine kleine Menschengruppe wartet auf Einlass im Kolpinghaus Warsbergerhof. Auch wenn diese Frauen und Männer das Geld dazu hätten, sie wüssten nicht wem sie etwas schenken sollten. Um 15 Uhr öffnen sich die Türen. Fleißige Helferinnen und Helfer sind soeben mit dem Herrichten einer festlichen Kaffeetafel fertig geworden. Kerzen brennen auf den Tischen und am bunten Weihnachtsbaum. Es duftet nach Stollen, Kuchen und Plätzchen. Einige Trierer Konditoreien haben das Naschwerk für den guten Zweck gespendet. Auch Firmen haben mit Sachspenden geholfen. Der Saal füllt sich. "Ich hätte schon Besseres zu tun, aber ich helfe sehr gerne", meint eine Frau aus der Eifel, die nicht mit Namen genannt werden möchte. Eine Studentin hilft beim Abwasch in der Küche, wo Koch Simon Goeller die letzten Vorbereitungen für das Abendessen trifft. Was gibt es Gutes? "Einen saftigen Spießbraten, feine Spätzle und buntes Gemüse", verrät der Herr über die Kochtöpfe. So richtig weihnachtlich wird es im Saal, als die ersten Lieder angestimmt werden. Am Klavier sitzt Stefan May. "Als ich gefragt wurde, habe ich sofort Ja gesagt", so der Lehrer für Englisch und Mathe am Hindenburg-Gymnasium. Triers Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink hatte den Kontakt zu dem Musiker hergestellt. Am späten Nachmittag bindet Rosemarie Wallner das Akkordeon um, und Christiane Maria Ternes spielt auf der Blockflöte. Eine Helferin hat in Gesprächen mit den Gästen manche Geschichte gehört, die unter die Haut geht. "Arbeit verloren, die Ehe schief gegangen , dann war es nicht mehr weit bis auf die Straße", erzählt ein Betroffener. Still und besinnlich wird es, als Prälat Franz Josef Gebert das Weihnachts-Evangelium nach Lukas vorliest und einige interpretierende Worte zu den Gästen spricht. Gebert spricht von Türen, die vor der Nase zugeschlagen werden und Räumen, die ganz einfach für alle Menschen offen sein müssten. Auf offene Türen stoßen die zahlreichen meist älteren Gäste, die Klaus Rümmler, Vorsitzender der AWO, in der Villa Reverchon auf dem Markusberg begrüßt. Ihnen wird dank vieler Sponsoren und Helfer ein Festmenü und ein kurzweiliges weihnachtliches Programm geboten. Weihnachtslieder werden kräftig mitgesungen - mit einem nicht mal schlecht vorsingenden Ortsvorsteher Klaus Blum. An der Orgel begleitet Hans Wittenstein den Abend musikalisch. Marlies Wirtz lässt mehr als einmal mit Geschichten und Gedichten zur Weihnacht aufhorchen. Angeregte Unterhaltungen gibt es an den Tischen. Für viel Gesprächsstoff unter den Gästen sorgte ein trauriges Kapitel der Trierer Zeitgeschichte: Das Weihnachtsfest im Bombenhagel vor 60 Jahren. Käthe Becker und Susanne Dittmar erzählen ihrer Tischnachbarin Maria Molz (lebt seit 1958 in Trier), von den schlimmen Kriegsjahren.Ergreifende Geschichten an der Festtafel

"Wir wurden im August 1944 nach Thüringen evakuiert, aber die ersten Brandbomben in Trier haben wir noch miterlebt", erzählen sie von ihren Kriegserlebnissen. Heute sind die Enkel schon groß, also verbringen die drei Frauen zum zweitenmal Heiligabend bei der AWO. Weitere Erinnerungen an das Weihnachtsfest 1944 schildern unsere Leser übrigens auf Seite 14. Erinnerungen werden ausgetauscht und die Rinderkraftbrühe mit Eierstich, die serviert wird, ist für Maria Molz wieder ein Stichwort: "Mein Mann mochte so gerne Rindersuppe mit Graupen." Wie immer an Heiligabend kommt Weihnachtsmann Werner Franzen nicht mit leeren Händen.

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