An der Porta Nigra nagt der Zahn der Zeit

Trier · Sanierungsfall Porta Nigra: Wegen vielfältiger Schäden wird Triers weltbekanntes Wahrzeichen in den kommenden Jahren Baustelle sein. Das Millionenprojekt unter Federführung des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) dürfte voraussichtlich nicht vor 2020 abgeschlossen sein.

Bereits 2006 bröckelte Fugenmaterial: Die Kölner Restauratorin Karen Keller in fast 30 Metern Höhe am Porta-Westturm. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Bereits 2006 bröckelte Fugenmaterial: Die Kölner Restauratorin Karen Keller in fast 30 Metern Höhe am Porta-Westturm. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Trier. Es war eine alles andere als frohe Botschaft, die Marion Basten von der LBB-Niederlassung Trier am Donnerstagabend in der Sitzung des Baudezernatsausschusses verkündete. "Es wird höchste Zeit, die Schäden an der Porta Nigra zu beheben", sagte die 41-jährige Projektleiterin. Konsequenz: Triers Stolz wird sich über lange Zeit hinter Baugerüsten verstecken. Protest aber regte sich nicht in dem Gremium, denn Porta-Maläsen sind nichts Neues. Schon 2006 fielen mehrere Stücke "bröselig" gewordenen Fugenmaterials vom fast 30 Meter hohen Westturm. Eine umgehende Untersuchung sowie ein Gutachten des Denkmalpflege-Landesamtes von 2007 offenbarten aber einen noch größeren Handlungsbedarf: Vor allem Gesimse weisen Brüche und Risse auf. Noch allerdings steht kein Geld für die Sanierung bereit im Haushalt des Landes Rheinland-Pfalz, dem die Porta Nigra gehört. Deshalb finden im Vorfeld der eigentlichen Reparaturarbeiten erst einmal umfangreiche Untersuchungen statt. Diese Bestandsaufnahme beginnt bereits im Juni an ausgewählten Musterflächen. Dazu werden zwei Gerüste aufgestellt: eins im Torhof am Westturm, das zweite altstadtseitig außen an Ostturm und mittelalterlichem Apsis-Anbau. Bis Juli 2013 sollen drei Teams (Vermesser, Restauratoren, Bauforscher) diese Flächen unter die Lupe nehmen. In dieser Zeit soll die Porta Nigra touristisch nutzbar und für Fußgänger ein Durchgang des Torhauses geöffnet sein.
Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse will der LBB die Kosten der Sanierung ermitteln. Die soll, wenn alles wie erhofft läuft, 2015 starten und dürfte nach Einschätzung von Projektleiterin Basten "voraussichtlich bis 2020 dauern und so verträglich wie möglich ablaufen". Auch die Belange der ADAC-Deutschland-Rallye (Show-Start an der Porta) wie auch des Naturschutzes (Gemäuerspalten sind von Zwergfledermäusen belohnt) würden berücksichtigt.
Geplant sind fünf Sanierungsabschnitte. Reihenfolge: Torhaus und Dach, Westturm, Ostturm, Apsis und zum Abschluss das Innere mit den stark verwitterten barocken Reliefs - Dokumente aus der Zeit, in der die im späten 2. Jahrhundert als Torburg der römischen Stadtbefestigung erbaute Porta Nigra als Kirche diente und damit dem im Mittelalter üblichen Abriss zwecks Baustoff-Gewinnung entging.
Während jetzt schon klar ist, dass die Gerüstverkleidungen dem Bild des Weltkulturerbe-Monuments angepasst werden und nicht etwa als Werbefläche dienen, kann über den Kostenrahmen der Porta-Rettung derzeit nur spekuliert werden. Bereits die Bestandsaufnahme ist mit einem "mittleren sechsstelligen Betrag in mittlerer Höhe" veranschlagt.Meinung

An der Porta Nigra nagt der Zahn der Zeit
Foto: Archiv/Roland Morgen

Ansichtskarten-Idylle ade!
Jetzt hält die Porta Nigra weitere 1800 Jahre, dachten sich die Experten, nachdem sie von 1968 bis 1973 das alte Römertor runderneuert hatten. Falsch gedacht. Diese Einschätzung mag zwar für Statik und Standsicherheit gelten, hat aber nicht den mächtigen Feind berücksichtigt, der dem altehrwürdigen Gemäuer mehr zusetzt als alle Gegner in der Antike: die neuzeitlichen Umwelteinflüsse. Sie lassen die Porta förmlich verwittern und setzen auch dem Material von Flickarbeiten der Nachkriegszeit zu. Deshalb muss das Land Rheinland-Pfalz nun in die Offensive gehen und mit Millionenaufwand dem Zahn der Zeit Einhalt gebieten. Voraussichtlich fünf Jahren lang werden große Teile des Welterbe-Monuments notgedrungen hinter Gerüsten verschwinden - Ansichtskarten-Idylle ade! Kleiner Trost: 2017 wird die Porta Nigra die deutsche 2-Euro-Sondermünze zieren. So wie 2010 Rathaus und Rolandsstatue in Bremen, 2011 der Kölner Dom und in diesem Jahr Schloss Neuschwanstein. Auflage: jeweils 30 Millionen Exemplare. r.morgen@volksfreund.de

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