"Angriff auf Institution Jugendamt"

Trier · Weder der Sachschaden noch die Auswirkungen auf die Arbeit des Trierer Jugendamts und für die betreuten Familien sind nach dem Feuer, das Hunderte Akten zerstört hat, absehbar. Die Ermittlungen der Polizei, die von Brandstiftung ausgeht, dauern an.

Trier. Zurück aus dem Herbsturlaub, hat Sozialdezernentin Angelika Birk die Brandstiftung in der Abteilung sozialer Dienst des Trierer Jugendamtes in der Nacht zum Freitag (der TV berichtete) als "Angriff auf die Institution Jugendamt" bezeichnet. Die Polizei geht weiterhin von Brandstiftung aus. Einzelheiten zu den Ermittlungen - etwa, welche Straßenzüge in Trier den Mitarbeitern der fünf ausgebrannten Büros zugeordnet waren, oder ob aus den Farbschmierereien an den Wänden etwas herauszulesen war - könnten noch nicht öffentlich gemacht werden, um einen möglichen Fahndungserfolg nicht zu gefährden.
Bürgermeisterin Birk gab beim Pressegespräch am Montagmittag auch einen Einblick in den Alltag der Mitarbeiter des Jugendamts: "Wenn schwierige Entscheidungen fallen - etwa über die Herausnahme eines Kindes aus einer Familie - dann können die Betroffenen in einen seelischen Ausnahmezustand geraten. Dann gibt es schon mal Wutausbrüche und auch Anfeindungen gegenüber unseren Mitarbeitern."
Wutausbrüche, Anfeindungen


Bestimmte Gespräche und Hausbesuche würden daher häufig zwei Kollegen gemeinsam übernehmen. "Je nachdem, welche Entscheidung das Amt zu verkünden hat, geraten die Betroffenen an ein Limit und können nicht immer ruhig und diszipliniert reagieren. Aber völlig respektloses Verhalten müssen unsere Mitarbeiter nicht akzeptieren."
Die Brandstiftung in der oberen Etage des Verwaltungsgebäudes II am Augustinerhof, bei dem Hunderte aktuelle Akten des allgemeinen sozialen Diensts vernichtet wurden, sei ein Zeichen für eine "abgesenkte Schwelle, seinem Unmut tätlich Ausdruck zu verleihen", sagte Birk. "Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Und dazu gehört auch, dass wir überlegen, wie wir Betroffenen unsere Entscheidungen besser verständlich und nachvollziehbar machen können, damit der Unmut darüber eingegrenzt wird."
Selbstverständlich sei nach einem solchen Ereignis auch angebracht, über mehr Sicherheit nachzudenken - etwa über Zugangskontrollen oder -beschränkungen an den Eingängen zum Verwaltungsgebäude. "Aber der nächtliche Einbruch über ein Baugerüst und ein geschlossenes Fenster hätte auch dadurch nicht verhindert werden können", sagte Birk. Zudem dürfe sich die Behörde nicht "völlig einbunkern, denn ein Jugendamt ist immer auch ein direktes Gesprächsangebot, bei dem man nicht ohne einen gewissen Vertrauensüberschuss arbeiten kann".
Bitte um Verständnis


Wie viele Akten bei dem Schwelbrand komplett zerstört wurden und bei wie vielen Inhalte zumindest noch teilweise zu retten sind, stehe noch nicht fest. "Wir prüfen gerade, mit welcher Methode wir die Papiere am besten sichten können", sagte Birk. Zudem laufen Gespräche mit Gerichten und den freien Trägern, die im Auftrag des Jugendamts Familien betreuen. "Wir müssen sehen, bei welchen Stellen wir uns von welchen Unterlagen Kopien ziehen können, um unsere Akten wiederherzustellen."
Teilweise müssten zurzeit angesetzte Gerichtstermine verschoben werden, weil eine Verhandlung ohne die vollständige dazugehörige Akte einfach nicht sinnvoll wäre. "Da bitten wir um Verständnis", sagte die Sozialdezernentin. Vereinbarte Zahlungen an Familien liefen in jedem Fall wie geplant weiter, "die dazugehörigen Daten sind auf unserem Zentralrechner gespeichert, da gibt es keine Verluste".
Die Etage, in der es gebrannt hat, ist bislang von den Brandermittlern noch nicht wieder freigegeben worden. "Aber das Geschoss soll so schnell wie möglich saniert werden, damit wieder dort gearbeitet werden kann", sagte Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Zurzeit nutzen die insgesamt 25 Mitarbeiter, die in der Brand-Etage ihre Büros hatten, die Schreibtische von Kollegen, die im Urlaub oder krank sind. In den nächsten Tagen soll feststehen, welche Mitarbeiter in die Interimsunterkunft in der Hindenburgstraße 2 umziehen und wie die Arbeit dort neu organisiert wird.
Unter Telefon 0651/718-1509 oder der zentralen Behördennummer 115 bleibt das Jugendamt weiterhin ständig erreichbar.

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