Asta fordert Amnestie

TRIER/MAINZ. Wegen falscher Angaben über das eigene Vermögen haben bundesweit Tausende Studierende in den Jahren 2000 und 2001 zu Unrecht Bafög kassiert - auch in Trier. Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) an der Uni Trier und andere Studentenvertreter fordern, Betroffene nicht zu bestrafen, sondern die gesetzlichen Freibeträge nachträglich zu erhöhen.

243 Studierende sind bislang in Rheinland-Pfalz aufgeflogen. Weil sie im Antrag auf die Ausbildungsförderung ihr Vermögen nicht vollständig offen legten, zahlte der Staat ihnen insgesamt 1,2 Millionen Euro mehr aus, als ihnen zustand. Auf die Schliche kamen die Behörden dem Betrug über die so genannten Freistellungsaufträge bei Kapitalanlagen. Wer mehr als 100 Euro Zinsen im Jahr bekommt, so schätzten die Fahnder, müsse auch über rund 5200 Euro Kapital verfügen - just jene Summe, die als Freibetrag bei der Bafög-Hilfe zulässig ist. Wer mehr hat, ist gesetzlich verpflichtet, zunächst auf die eigenen Finanzreserven zurückzugreifen, bevor er den Staat um Unterstützung bittet.Finanz- und Bafög-Ämter glichen ihre Daten gegenseitig ab und fanden bundesweit Tausende Betrugsfälle (der TV berichtete). "Die Untersuchungen laufen noch", berichtet Bernd Michel, Justiziar der Trierer Universität, auf Anfrage. Ohne konkrete Zahlen für die Region Trier nennen zu können, habe das Trierer Bafög-Amt bereits zahlreiche Rückzahlungen von Studierenden angefordert. Ob auch Bußgeldbescheide verschickt und Strafverfahren eingeleitet würden, werde erst in einigen Wochen feststehen. Das Land will mit den Bafög-Ämtern ein einheitliches Vorgehen abstimmen. Das Wissenschaftsministerium hatte vergangene Woche angekündigt, noch rund 5500 Bafög-Bezieher zu überprüfen.Betroffene fühlen sich ungerecht behandelt

Studierenden-Vertreter wehren sich gegen die Betrugsvorwürfe. "Die Vermögensfreibeträge sollten rückwirkend auf 10 000 Euro erhöht werden, um unfaire Strafen zu vermeiden", fordert Vera Hagemann, Sozialreferentin des AStA der Uni Trier. Die meisten Betroffenen hätten nämlich lediglich kleinere Summen zurückgelegt, um in finanziell schwierigen Zeiten, beispielsweise im Examen, über die Runden zu kommen, erläutert Johannes Glembek vom Trierer Asta. So habe mancher Betroffene einen bescheidenen Bausparvertrag, den zu kündigen keinen Sinn mache. Rücklagen zu bilden, sei auch deshalb sinnvoll, weil das Bafög zur Hälfte an den Staat zurückzuzahlen sei, ergänzt Heiner Fechner, Sprecher des Freien Zusammenschlusses von Studierendenschaften (Fzs) in Bonn.Der Fzs bezeichnet den Freibetrag von 5200 Euro als "unrealistisch gering". Etliche Studierende müssten am Ende der Bafög-Förderung zwei, drei Semester überbrücken. "Viele Studis können ihr Studium aufgrund schlechter Studienbedingungen nicht innerhalb der Regelstudienzeit abschließen", gibt AStA-Co-Sozial-Referent Thomas Zimmer zu bedenken. "Oder weil sie nebenher jobben." Auch die lange Bearbeitungszeit von Bafög-Anträgen zwinge die Studierenden, Geld für drei bis vier Monate Unterhalt zurückzulegen, erklärt Johannes Glembek.15 bis 20 Betroffene haben sich im Trierer Asta über die Rechtslage informiert. "Die Leute fühlen sich ungerecht behandelt und kriminalisiert", beschreibt Glembek die Lage. In den Bafög-Beratungen sei bislang auf die Problematik nicht hingewiesen worden. Das Bundesbildungsministerium dagegen hält die Rechtslage für ausreichend. "Wir sehen keinen Handlungsbedarf," erklärt Pressesprecherin Sabine Baun.Kritik üben die Studierenden-Parlamentarier auch an den ungleichen Freibeträgen für Minijobs. Im April war die Grenze für geringfügig Beschäftigte von 325 auf 400 Euro angehoben worden. Bafög-Empfänger dürfen aber nach wie vor nur höchstens 360 Euro dazu verdienen.Unterdessen gehen die Betrugs-Ermittlungen weiter. Bis spätestens 30. September rechnet man in Berlin mit endgültigen Daten seitens der Länder. Bis dahin müssen die Studierenden noch zittern. Nach Angaben des Mainzer Wissenschaftsministeriums sollen die Bafög-Ämter jeden Einzelfall prüfen. Mit einem Strafverfahren sei nur "in begründeten Ausnahmefällen" zu rechnen.

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