Auf den Zahn gefühlt

TRIER. Seit dem Jahr 1999 gibt es sie: die Rücklaufzettel-Aktion an Grundschulen, bei der Eltern die Behandlung ihres Kindes durch einen Zahnarzt bestätigen lassen sollen. Was bei manchen Eltern Verärgerung hervorruft, soll letztlich der Zahngesundheit dienen.

Zahnärztliche Kontrolle in Grundschulen war früher ein Fremdwort. Vor zehn Jahren begannen dann niedergelassene Zahnärzte, in den Grundschulen Unterricht zu geben. Zwei Stunden pro Jahr und Klasse - das war alles an zahnmedizinischer Prophylaxe. Die Schulen nahmen das Angebot nur sporadisch wahr, sagt Jugendzahnärztin Dr. Christina Becker im Gesundheitsamt Trier-Saarburg. Sie ist eine von drei hauptamtlichen Jugendzahnärzten, die in rheinland-pfälzischen Ämtern für die Zahngesundheit von Kindern zuständig sind. Zum Vergleich: Die Stadt Frankfurt hat zwölf Jugendzahnärzte. Weniger Karies bei Kindern

Aufgrund der schlechten Personaldecke suchte man nach einem Konzept, das flächendeckend alle Kinder betreut und so genannte "Risikoschulen"heraus filtern soll, um dort den Aufklärungsbedarf zu ermitteln. Unter ministerieller Beteiligung startete landesweit die Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege 1999 eine Aktion an Grundschulen mit dem Logo-Männchen Max Schrubbel. Das Konzept sieht so aus: Erstklässler werden von niedergelassenen Zahnärzten in der Schule untersucht. "Damit soll Angst abgebaut werden", sagt Becker. Sie erhalten ebenso wie Zweit- bis Viertklässler einen Rücklaufzettel, mit dem sie mit ihren Eltern zu einer Zahnarztpraxis gehen sollen. Die Zahnarztpraxis stempelt Name, Schule, Ort, Klasse mit Datumsangabe ab, bestätigt, dass das Kind zur Untersuchung und Behandlung gekommen ist und ob eine Zahnsanierung abgeschlossen oder terminiert ist. Genau dieses Verfahren ruft bei manchen Eltern Verärgerung hervor. Sie fühle sich bevormundet, sagt eine Mutter, die regelmäßig ihre Kinder zur Vorsorge schickt und aus Verdruss über das "lästige Verfahren" der Rücklaufzettel-Aktion nicht nachkommt. Insbesondere die Mahnung, die ihr nach einiger Zeit ins Haus flatterte, erscheint ihr als "unzulässiges Druckmittel". Dass sich Eltern angegriffen und das Verfahren als unangenehm empfinden, kann Becker gut nachvollziehen. Es fehle jedoch an Alternativen, um Risikogruppen zu erreichen. "Wir hoffen darauf, dass sich selbstbewusste Eltern in den Dienst der Allgemeinheit stellen und an der Aktion teilnehmen." Nach anfänglich verärgerten Anrufen werde die Aktion mittlerweile gut angenommen, sagt Becker. Der Rücklauf liegt bei 50 Prozent, weiß Dr. Helmut Stein, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege. Er hält das "Verweisungssystem", das insgesamt 111 000 rheinland-pfälzische Kinder anspricht und von den Krankenkassen finanziert wird, für eine gelungene Vorsorgeaktion. Schließlich hätte eine immer kleiner werdende Gruppe von Kindern immer mehr Karies, und die gelte es zu erreichen. Um den datenschutzrechtlichen Erfordernissen zu entsprechen, wurde in neueren Bögen ausdrücklich auf die Freiwilligkeit der Teilnahme hingewiesen. "Die Aktion ist keine Schikane", bestätigt Dr. Christian Brandstätter, Vorsitzender der AG Jugendzahnpflege Trier-Saarburg. "Die Eltern sollen sich nicht auf den Schlips getreten fühlen." Schließlich gehe es um die Gesundheit der Kinder. Die Zahlen geben ihm recht: Seit 1994 werden bundesweit alle drei Jahre Untersuchungen angestellt. Dabei zeigt sich, dass es seit 1994 bei den Sechs- und Siebenjährigen 24 Prozent weniger Karies gibt. Ein Grund dafür sind nach Meinung von Becker die Rücklaufzettel.

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