Auf der Bühne zu Hause

TRIER. Sein Theaterdebüt gab Dieter Oberholz bereits als Dreijähriger im Märchenklassiker "Schneewittchen und die sieben Zwerge". Seither hat der heute 71-jährige ausgebildete Schauspieler unzählige Rollen gespielt, mit bekannten Regisseuren zusammengearbeitet und auf internationalen Bühnen überzeugt. Der Wahl-Trierer ist Ehrenmitglied des Theaters in Oberhausen, wo er Anfang September in Friedrich Dürrenmatts Komödie "Die Physiker" zu sehen sein wird.

"Ich kann nicht mehr sagen, an wie vielen Theatern ich gespielt habe", sagt Dieter Oberholz, zieht an seiner Pfeife und beginnt von seinem ereignisreichen Werdegang als Schauspieler zu erzählen. Mit 20 Jahren begann der in Essen geborene Mann an der staatlichen Hochschule für Musik und Theater im niedersächsischen Hannover seine künstlerische Ausbildung. Danach arbeitete er jahrelang freiberuflich an den städtischen Bühnen Essen und bei den Ruhrkammerspielen. 1963 verschlug es den Mimen dann zum ersten Mal für zwei Jahre nach Trier, wo er sein erstes Engagement unter dem damaligen Intendanten Rudolf Mayer bekam. Breit gefächertes Repertoire

"Das Repertoire war breit gefächert. Ich spielte zum Beispiel den Narren in Büchners ,Woyzeck', den Jaschar im ,Kirschgarten' von Anton Tschechow, hatte aber auch eine Rolle im ,Bettelstudenten', einer Operette." Dass Oberholz, wie er sagt, mit "Leib und Seele Komödiant" ist, nimmt man ihm ohne Weiteres ab, spätestens wenn er sein Talent im Dialektsprechen live unter Beweis stellt. Plötzlich spricht er ein paar Sätze im tiefsten Wienerisch, bevor er in den Kölschen Slang verfällt. Vom westfälischen Landestheater aus pendelte er schließlich in den 60er-Jahren mit dem Bus zu zahlreichen kleineren Bühnen "vom Sauerland bis Hameln oder zur holländischen Grenze". In den 70er-Jahren schaffte er dann den Sprung in die italienischen Kulturmetropolen wie Rom, Neapel und Mailand, aber auch in Frankreich feierte der gefragte Schauspieler Erfolge. So wurde er beim Internationalen Theaterfestival im französischen Nancy preisgekrönt und erntete Lob von vielen Seiten. Mit Stolz zeigt er außerdem einen Artikel der Westdeutschen Allgemeinen von 1982 vor, als er als festes Ensemble-Mitglied am Theater in Oberhausen das Publikum begeisterte. "Dort habe ich mit Günther Büch, einem der besten Regisseure, gearbeitet, der leider viel zu früh gestorben ist. Aber auch unter Ulrich Brecht hat mir die Arbeit viel Spaß gemacht. Damals stand ich mit Hans Clarin, Lina Carstens und Sabine Retel auf der Bühne", erzählt Oberholz. Mittlerweile ist der Darsteller Ehrenmitglied der Bühne im Ruhrgebiet und wird ab dem 29. Mai wieder "regelmäßig dorthin pendeln". Dann stehen die Proben der Zweiaktkomödie "Die Physiker" an, wo er in die Rolle eines verrückten Oberarztes schlüpfen wird. "Den Text habe ich schon, schließlich brauche ich heute schon ein bisschen länger zum Lernen als früher, aber eine Seite schaffe ich in zwanzig Minuten. Ich lasse mir einfach mehr Zeit." Vor zwei Jahren hatte der 71- Jährige, der sich "aber wie 30 fühlt", seine bislang letzte große Rolle. Unter Regisseur Johannes Lepper mimte er in Tschechows "Schwanengesang - eine Odyssee" einen alternden Schauspieler, der zwischen depressivem Welthass und melancholischer Clownerie schwankt. In seiner Wahlheimat Trier, wo der Mann mit der markanten Stimme seit 1993 "aus Überzeugung" fest lebt, war er zuletzt im "König Kalle Wirsch" zu sehen und tritt regelmäßig an Sylvester neben seinem "persönlichen Freund" Michael Opelders als Miss Sophie in "Dinner for one" auf." Oberholz: "Ich habe schon viele Städte gesehen, aber Trier ist für mich die schönste von allen."

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