Auf der Suche nach den Schuldigen

Nach einer langen und emotionalen Debatte hat der Stadtrat gestern Abend seinen Beschluss vom 20. November über die Durchführung der Antikenfestspiele 2009 wieder aufgehoben. Es gab keine Gegenstimmen, aber die SPD nahm aus Protest nicht an der Abstimmung teil.

 „Nabucco“ sollte 2009 neu inszeniert werden, dieses Mal ohne die „Trash People“. Doch der Stadtvorstand hat die Spiele abgesagt. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

„Nabucco“ sollte 2009 neu inszeniert werden, dieses Mal ohne die „Trash People“. Doch der Stadtvorstand hat die Spiele abgesagt. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier. Der Rat hatte keine andere Wahl, die Aufhebung war eine logische Konsequenz. Oberbürgermeister Klaus Jensen und seine drei Dezernenten hatten Anfang Dezember, nur wenige Tage nach der Präsentation des Programms, beschlossen, die Festspiele 2009 auszusetzen (der TV berichtete). Die Umsetzung des einstimmigen Ratsbeschlusses, das auch intern hart kritisierte Konzept durchzuziehen, war damit unmöglich geworden.

Völlig unabhängig von der heißen Diskussion über die Qualität des Programms für 2009 musste Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink dem Rat erklären, warum er zuerst zusammen mit dem Intendanten Gerhard Weber ein Konzept erstellt und präsentiert hatte, um es dann ohne Votum des Rates wieder zurückzuziehen. Seine Argumente haben sich nicht verändert: Die öffentliche Meinung sei derart negativ beeinflusst worden, dass ein Erfolg 2009 nicht mehr gewährleistet habe werden können. Intendant Gerhard Weber ist inzwischen aus Ascoli Piceno zurückgekehrt - er hat dort eine Oper inszeniert - und erklärte dem Rat auf der Bank des Stadtvorstands seine Sicht: "Es war das richtige Programm. Auch die Neuinszenierung von Nabucco war alles andere als ehrenrührig."

Danach ging es im Rat erwartungsgemäß turbulent zu. Die CDU sah die Schuld bei den Medien, die SPD beim Kulturdezernenten, dem die Grünen den Rücktritt nahelegten, wenn er die Antikenfestspiele 2010 nicht zum Erfolg führe. Die SPD weigerte sich außerdem, an der Abstimmung teilzunehmen. "Die Art der Absage der Spiele durch den Stadtvorstand ist nicht akzeptabel", betonte Peter Spang. "Für uns ist das Nötigung."

Die UBM appellierte an alle, die Antikenfestspiele nicht zum politischen Spielball zu machen, und die FDP ergänzte die Debatte um einen Antrag, im Amphitheater zur Durchführung der Antikenfestspiele eine dauerhafte Hangtribüne zu errichten. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen, doch diese Zustimmung ist zunächst nur grundsätzlicher Natur. Die Umsetzung wird zurückgestellt, bis der Bebauungsplan "Amphitheater", dessen Aufstellungsbeschluss ebenfalls einstimmig fiel, Rechtskraft erlangt hat.

Oberbürgermeister Klaus Jensen zeigte zunächst Kritikfähigkeit und blickte dann in die Zukunft. "Ein besseres Marketing, eine frühere Präsentation des Programms und eine stärkere Konzentration auf die Zuschauer, die von weit weg kommen, sind Themen, mit denen wir uns befassen", so Jensen. "Ich habe aus Mainz Signale erhalten, dass wir mehr Mittel für die Festspiele erhalten, wenn wir unsere Hausaufgaben gemacht haben."

Meinung

Blick zurück im Zorn

Alle Messen waren schon gelesen, als der Rat gestern die große Aussprache über die Absage der Antikenfestspiele 2009 ansetzte. Die Erklärungsversuche des Kulturdezernenten Ulrich Holkenbrink und auch des Intendanten Gerhard Weber haben seit der Absage nicht an Überzeugungskraft gewonnen. Schuld an dem Debakel sei die negative Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die Medien gewesen. Auch die CDU stieß in dieses Horn. Holkenbrink und Weber verteidigten auch gestern noch die Qualität des Programms, das der Stadtvorstand keine zwei Wochen nach der Präsentation selbst abgesagt und damit konträr gegen die Umsetzung eines einstimmigen Ratsbeschlusses gehandelt hat. Die absolute Weigerung der beiden Verantwortlichen, eigene Fehler einzusehen und sie beheben zu wollen, bleibt eine Basis dieser politischen Katastrophe. j.pistorius@volksfreund.de

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