Auf die lange Bank geschoben

Noch vor wenigen Tagen kündigte die Stadt Trier im Jugendbericht die Einrichtung eines "Hauses des Jugendrechts" an. Doch das Gemeinschaftsprojekt von Justiz, Polizei, Jugendamt und Betreuungs-Organisationen droht ins Stocken zu geraten. Die Stadt kommt mit ihren Hausaufgaben nicht nach.

Trier. Die Idee ist ebenso einfach wie bestechend. Alle Einrichtungen, die mit Jugendkriminalität zu tun haben, kommen unter ein Dach: die Fachabteilung der Polizei, ein spezialisierter Staatsanwalt, das Jugendamt, die AG "Starthilfe". Kurze Wege von der Tat-Aufklärung bis zur Resozialisation: Er sei "von der Idee begeistert", sagt etwa Triers oberster Strafverfolger Horst Roos. So sei es möglich, "dass die Sanktionen der Tat auf dem Fuß folgen" - was nach heutigen Erkenntnissen den "Erfolg" der Strafmaßnahmen deutlich verbessert.

Seit Monaten hat eine prominent besetzte Arbeitgruppe am Konzept gebastelt, und keiner ließ sich lumpen: Polizeipräsident Bitter will ein zehnköpfiges Fachdezernat im künftigen "Haus des Jugendrechts" ansiedeln, Oberstaatsanwalt Roos eigens einen Anklage-Vertreter abstellen, die Jugendgerichte kündigen enge Kooperation an, die Starthilfe wälzt schon Umzugspläne.

Ein Domizil war mit der ehemaligen Gneisenau-Kaserne in Trier-West schnell gefunden, die Arbeitsgruppe machte sich schon daran, Räume zu verteilen. Zum 1. Januar 2009, so die Planung, wollte man einziehen als drittes Haus des Jugendrechts in Rheinland-Pfalz, von der Landesregierung ausdrücklich begrüßt. Die Finanzierung des notwendigen Umbaus über das Projekt "Soziale Stadt" und die zu erwartenden Mieteinnahmen war gesichert - eine Rarität im klammen Trier.

Bernarding fühlt sich seit Jahren alleingelassen



Doch vergangene Woche bekamen die Träume einen Knacks. Sozialdezernent Georg Bernarding musste seinen Mitstreitern mitteilen, man sei nicht in der Lage, die erforderlichen Planungsleistungen seitens der Stadt zu erbringen. Das zuständige Bauamt habe mitgeteilt, es sei überlastet. An eine kurzfristige Realisierung sei einstweilen nicht zu denken.

"Wir waren sehr überrascht", sagt Polizeipräsident Manfred Bitter diplomatisch. "Wir standen da und haben gedacht, das darf nicht wahr sein", sagt Rita Alexis von der "Starthilfe" etwas deutlicher. Bernarding hat für den Ärger Verständnis. Er selbst sei "auch von anderen Zeitvorstellungen ausgegangen".

Bernarding fühlt sich in Sachen "Haus des Jugendrechts" nach eigener Aussage "seit Jahren alleingelassen". Und er meint damit offenkundig nicht die Partner des Projekts, sondern seine eigenen Kollegen im Rathaus und der Politik. Das Projekt hält er nach wie vor für notwendig, die Voraussetzungen der Finanzierung seien mit einer Machbarkeits-Studie geklärt. Man habe bewusst auf externe Investoren verzichtet, um den Zeitverlust durch eine europaweite Ausschreibung zu vermeiden. "Wir wollen und wir werden das machen", sagt er, "auch im Sinne der Stadtteilentwicklung in Trier-West".

Die Frage ist nur, wann. Im September will er einen Anlauf im Stadtvorstand unternehmen, um den Umbau doch noch zu realisieren. "Wir sind dabei, die Vorlage fertig zu machen", versichert er. Aber vor 2010 sei angesichts der Kalamitäten im Rathaus wohl nicht mit einer Umsetzung zu rechnen. "Ich bin mit Prognosen vorsichtig geworden", sagt Bernarding und klingt ziemlich frustriert.

Mit solchen Zeitvorgaben können sich aber die anderen Träger des "Hauses des Jugendrechts" ganz und gar nicht anfreunden. Er halte "Verzögerungen für unvertretbar", betont der Polizeipräsident mit Blick auf den dringenden Handlungsbedarf im Bereich der Jugendkriminalität.

Meinung

Peinlich

Dass in Trier manches gut gemeinte Projekt daran scheitert, dass das Geld fehlt, ist schlimm genug. Um so weniger kann man sich leisten, sinnvolle Maßnahmen, für die Geld da ist, an mangelnder Abstimmung oder Kommunikationslücken in der Stadtspitze scheitern zu lassen. Es ist nicht das erste Mal in letzter Zeit, dass man den Eindruck hat, der Trierer Stadtvorstand sei kein Kollegial-Organ, sondern ein Hühnerhaufen. Man mag Helmut Schröers One-Man-Show kritisch gegenüber gestanden haben, aber als basisdemokratischer Debattierclub, bei dem jeder Dezernent tut (oder lässt), was er für richtig hält, und der Chef stets auf die Ressort-Zuständigkeiten verweist, funktioniert eine Stadtregierung auch nicht. Trier braucht klare Prioritäten, die Verwaltung so etwas wie Führung. Und das kann in Sachen "Haus des Jugendrechts" nur heißen, die Realisierung zügig in die Wege zu leiten. d.lintz@volksfreund.de

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