Auf einen Schluck Kultur

Mit "Der Liebhaber" von Harold Pinter gastierte jetzt der dritte szenische Leseabend im Caf´é Lübke Sounds. Das unkonventionelle Konzept des Theaters geht auf: Zahlreiche Besucher kamen zum "Read & Chill Out".

 Alexander Ourth ist Vorleser und Regisseur zugleich: Auf sein Kommando entwickelt sich die szenische Lesung im Café Lübke Sounds. TV-Foto: Cordula Fischer

Alexander Ourth ist Vorleser und Regisseur zugleich: Auf sein Kommando entwickelt sich die szenische Lesung im Café Lübke Sounds. TV-Foto: Cordula Fischer

Trier. Absurdes Theater. Nicht nur das vorgetragene Stück, sondern auch Ort und Zeit der szenischen Lesung fallen in diese Kategorie. Die Theaterschauspieler Claudia Felix, Jan Brunhoeber und Alexander Ourth brachten Harold Pinters Farce "Der Liebhaber" an die Theke des Café Lübke Sounds.Ein gefährliches Spiel mit selbst gesetzten Regeln treiben Richard und Sarah in ihrem Vorstadthaus, dem Domizil ihrer gelebten zehnjährigen Ehemüdigkeit. Er, der erfolgreiche Geschäftsmann, erfreut sich seiner käuflichen Gespielin, sie, die versierte Hausfrau, lädt ihren Liebhaber zur nachmittäglichen Tee- und Flüsterstunde ein. Alles in schönster Ausgeglichenheit. Bis es zum handfesten Ehestreit kommt, die Rollen verschwimmen, die Situation kippt.Was Harold Pinter 1962 mit seinem Einakter "Der Liebhaber" zu Papier brachte, mag 46 Jahre später inhaltlich wohl nicht mehr zu schockieren. Überraschend und nahezu kafkaesk sind jedoch immer noch die Wendungen, die das Beziehungsdrama um die nachmittäglichen Vergnügungen und den pikanten Zeitvertreib der Ehepartner einschlägt.Die Bühne, die Claudia Felix als Sarah, Jan Brunhoeber als Richard und als die Personifikationen ihrer diversen Nebenbuhler haben, ist die Thekenlandschaft im übervollen Café Lübke Sounds. Über Flaschen und Gläser hinweg flirten sie, turteln sie, streiten sie, schimpfen sie. Ganz nah, hautnah dabei das Publikum, das das Pärchen quasi mit ins Bett, zum intimen Stelldichein und heißen Rendezvous begleitet und unentrinnbar voyeuristische Selbstversuche unternimmt. Versiert gibt Alexander Ourth an seinem lampenbeschienenen Stehtisch wie ein Vorleser in schönster Wohnzimmer-Atmosphäre und triefender Melancholie die Regieanweisungen, Pausen, Lichtwechsel.Große Auswahl an Männern

Bereits den dritten szenischen Leseabend hat das Theater mit "Read & Chill Out" über die Bühne gebracht. Das junge, unkonventionelle Konzept der aufsuchenden Theaterarbeit geht auf, das Publikum findet sich zahlreich ein auf einen Schluck Kultur zwischen Kneipenbummel und Discobesuch. "Es ist eine gute Möglichkeit, junge Leute für das Theater zu interessieren", sagt Schauspieler Jan Brunhoeber. Nicht nur für den Zuschauer ist der Reiz groß, hautnah dabei zu sein. "Ich hatte eine große Auswahl an Männern, die ich während des Spielens einbeziehen und sie zu meinen Bühnenpartnern machen konnte", sagt Claudia Felix. Dass die Reaktionen des Publikums direkt und unverblümt erlebbar würden, mache diese Form des Schauspielens zu einem besonderen Erlebnis für beide Seiten, findet Alexander Ourth.

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