"Auf oder zu ist Glückssache"

TRIER. Seit der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten müssen sich die Kunden in Trier auf ein buntes Sammelsurium einstellen. Die Einzelhändler haben die neuen Möglichkeiten ganz unterschiedlich umgesetzt, vor allem in Randzeiten.

Bei Gorgin Abdulbaki ist das mit den Öffnungszeiten ganz einfach. "Von 8 bis 8" hat sein "Idil-Markt" in der Paulinstraße geöffnet. Und bei Stammkunden, die einen längeren Weg in Kauf nehmen, um in dem türkischen Laden einzukaufen, schaut der Händler nicht so genau auf die Uhr. "So lange ich da bin, schicke ich niemanden nach Hause", schmunzelt er. Solch kundenorientierte Verkaufs-Kultur ist bei seinen deutschen Kollegen eher selten zu finden. Nicht aus böser Absicht. Tarifverträge, Käuferstrom-Analysen, Personalkosten, Rentabilitätsstudien: Bei der Festlegung der Öffnungszeiten ist der "Faktor Kunde" hierzulande nur einer unter vielen.Zersplitterte Landschaft

So hat sich eine zersplitterte Landschaft entwickelt. Nur von 10 bis 18 Uhr kann der Kunde sicher sein, überall einkaufen zu können. "Es gibt eine Kernzeit für alle, darüber hinaus macht jeder, was er will", sagt der Vorsitzende der City-Initiative, Hans P. Schlechtriemen. Nach der Liberalisierung haben viele mit längeren Öffnungszeiten experimentiert. Auch Ulrike Klein. Doch ihr "Spielzeugparadies" in der Nagelstraße ist unter der Woche zur "klassischen" Zeit von 9 bis 18.30 Uhr zurückgekehrt. "Außerhalb war wenig los", erzählt die Geschäftsfrau. Der Aufwand sei zu hoch, schließlich könne man "als Fachgeschäft keine Aushilfen einsetzen, sondern nur geschultes Personal". Am Samstag hat man bis 16 Uhr geöffnet, wie die meisten in der Nagelstraße. Die "Großen" halten durchweg länger auf - allerdings auch nicht einheitlich. Karstadt schließt samstags um 19 Uhr, C&A um 19.30, die beiden Kaufhof-Galerias erst um 20 Uhr. "Auf oder zu ist Glückssache, das irritiert", erzählt die Luxemburgerin Claudine Berkel, die regelmäßig samstags zum Shoppen kommt. Inzwischen habe man sich dran gewöhnt und stelle die Einkaufs-Route auf die Schlusszeiten ein. Deutlich verbessert hat sich die Situation im Buchhandel. Die Branche, die sich einst den Luxus erlaubte, schon am späten Nachmittag zu schließen, bietet Geistesnahrung inzwischen von früh bis spät an. Thalia ist von 9.30 bis 19.30 Uhr dabei, samstags gar bis 20 Uhr. Branchenprimus Interbook lockt von 9 bis 19, samstags bis 18 Uhr. Ebenso lange hat Richard Leuckefeld seinen kleinen Buchladen in der Fahrstraße geöffnet. Zusätzlichen Umsatz habe ihm das nicht beschert, berichtet er, aber das sei nicht so schlimm. Besucherarme Zeiten könne er nutzen, "um alles zu erledigen, was im Laden sonst so anfällt". Ein Schild mit den Öffnungszeiten hat er zurzeit nicht ausgehängt, "das hat sich in letzter Zeit öfter mal geändert". Generell beobachtet er bei kleineren, inhabergeführten Geschäften die Tendenz, "das mit dem Schließen sehr flexibel zu handhaben". Devise: Keine Kundschaft mehr in Sicht - Laden zu. Einer, der das Recht auf eine individuelle Regelung stets umgesetzt hat, ist Georg Kern vom Musikhaus Reisser. Dort schließt man unter der Woche nicht nur beizeiten, es gibt sogar eine Mittagspause. "Leute, die ein Instrument kaufen, kommen nicht zwischen Tür und Angel", sagt Kern, der lange der City-Initiative vorgestanden hat. Sein Nachfolger träumt dagegen sogar von noch längeren Öffnungszeiten. Der Sonntag sticht Hans P. Schlechtriemen in der Nase, mit den vielen Touristen, die ihr Geld wieder mit nach Hause nehmen. Zum offiziellen Vorschlag will er das nicht erheben, schließlich kennt er die Sensibilität der Händler, aber auch des Verkaufspersonals. Trotzdem: "Wir wissen, dass der private Verbrauch zurückgeht", betont Schlechtriemen, "aber eben nicht überall". Und wie weit das Trier treffe, "hängt auch von uns ab".

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