Aufbruch statt Abbruch: Das "Glashaus" in der Theodor-Heuss-Allee wird saniert

Trier · Viele Trierer fragen sich: Verschwindet das bekannte „Glashaus“ in der Theodor-Heuss-Allee für immer? Die Entwarnung kommt von zwei Zahnärzten, die die Immobilie gekauft haben.


"Na, machen Sie ein Abschiedsfoto?", fragt die Passantin den TV-Reporter, der das Haus auf der anderen Straßenseite ins Visier nimmt. Wieso Abschiedsfoto? "Das Haus wird abgerissen. Steht doch dran." So entstehen Missverständnisse. Von Abriss ist nichts zu lesen. Es ist das Werbebanner einer Abbruchservice-Firma, das am Bauzaun prangt und die Vermutung nahelegt, hier würde gleich der Abrissbagger anrollen. Einmal geschockt, ist man gleicht bedient und nimmt nicht mehr das drei Meter daneben angebrachte kleinere Schild "Dieses Objekt wird saniert" wahr. Dutzende Passanten sind in den vergangenen Tagen dem Irrtum aufgesessen, der markante gläserne Anbau ans Haus Theodor-Heuss-Allee 18 werde von der Bildfläche verschwinden. Für viele eine erschreckende Vorstellung. Nicht nur, weil das Gebäude ein Hingucker ist, sondern Generationen von Trierer es auch von innen kennen (siehe Info).

Die außergewöhnliche Architektur verbietet einen Abriss. Das "Glashaus" steht, wie die meisten Gebäude in der Theodor-Heuss-Allee, unter Denkmalschutz. Allerdings hat es jahrelang leergestanden - Folge auch der Uneinigkeit innerhalb der Erbengemeinschaft, der es gehörte.
Über die von Mitbesitzerin Else Fichter (1927-2015; wegen ihres großen ökologischen Engagements "Solar-Else" genannt) betriebene Teilungsversteigerung brachte 2013 einen neuen Besitzer. Ein Eifeler Immobilienunternehmer erhielt für knapp eine Million Euro den Zuschlag. Vor zwei Monaten haben sich die Besitzverhältnisse erneut geändert.

Das Anwesen gehört nun zwei Trierer Zahnärzten. Die stecken auch hinter den frisch gestarteten
Sanierungsaktivitäten, wollen aber noch nicht öffentlich in Erscheinung treten und sich detailliert zu ihren Plänen äußern: "Es wäre unfair gegenüber der Stadtverwaltung, wenn sie aus der Zeitung erfährt, was wir vorhaben. Wir werden erst einmal den Bauantrag einreichen." Grundsätzlich könne man aber jetzt schon sagen, dass die gesamte Immobilie einschließlich eines Anbaus in der Göbenstraße "massiv saniert und wiederbelebt" werden soll. Die Zukunft des Glashauses soll in einer "gewerblichen Nutzung" liegen. Derzeit werde es entrümpelt. Auf denkmalpflegerische Belange werde selbstverständlich geachtet. Das Sanierungsprojekt, dessen Kosten sicherlich deutlich höher liegen werden als der Kaufpreis, soll nach Angaben der Zahnmediziner "möglichst spätestens im Herbst 2018 abgeschlossen" sein.

Vielleicht hatte die eingangs erwähnte Passantin mit ihrer Erinnerungsfoto-Annahme doch nicht so ganz unrecht: Eine fotografische Erinnerung an das Ende der Leerstands-Ära und den Aufbruch in neue Zeiten, in denen das Gebäude wieder zu dem wird, was es einst war: ein Prachtstück. Info


ILLUSTRE NUTZER VON REICHERT BIS LÜBKE

Das ans Haupthaus Theodor-Heuss-Allee 18 (Baujahr 1880) angebaute Glashaus ist in zwei Phasen entstanden. 1933 baute das Architekturbüro Brand und Mertes das untere Geschoss, das zunächst als Café, dann als Laden genutzt wurde. 1956 erfolgte nach den Plänen von Willi Haufs die Aufstockung. Das Besondere des überkragenden Obergeschosses: Es ist mit um 10 Grad nach außen gestellten Fenstern verglast.
Gebaut wurde es im Auftrag der Firma Gebrüder Reichert, die seit 1950 im Untergeschoss ansässig war und so ihre schnell zu klein gewordene Verkaufsfläche von 150 Quadratmetern mehr als verdoppelte. Reichert war über Jahrzehnte das führende Trierer Spielwarengeschäft, hatte aber auch Gartenmöbel und Korbwaren im Angebot.
Von 1967 bis 1974 beherbergte das Glashaus die Bastei, ein Restaurant, von dem viele ältere Trierer noch zu wissen glauben, dass es dort auch "verschärften Ringelpietz mit Anfassen" gegeben habe. Nach dem Ende der Bastei bezog die Christophorus-Apotheke das Untergeschoss, Nutzer des obereren Gebäudeteils waren unter anderem ein Fitnessstudio und zuletzt das Café Lübke Sounds. Seit 2011 waren beide Etagen verwaist.

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