Aus Tradition modern

Dass das AVG einst eine traditionelle Mädchen-Schule war, merkt man heute noch am 2:1-Verhältnis von Schülerinnen zu Schülern. Ansonsten ist aus der 350-jährigen Tradition eine hochmoderne Schule entstanden, deren Entwicklungsperspektiven allenfalls durch räumliche Engpässe eingeschränkt werden.

 Lauschiger Eingang nahe dem Domviertel: Das AVG ist Triers größte Schule. TV-Foto: Dieter Lintz

Lauschiger Eingang nahe dem Domviertel: Das AVG ist Triers größte Schule. TV-Foto: Dieter Lintz

Trier. Es ist ruhig an diesem Tag kurz nach den Osterferien. Die 1170 Schüler von Triers größter Schule sind weitgehend ausgeflogen. Kein Zufall. AVG-Direktor Bernhard Hügle hat Praktika, Kursfahrten, Projekte in einer Woche gebündelt. Nicht zur Freude aller Beteiligten, aber mit einem deutlichen Entlastungs-Effekt für das Kollegium, dessen Lehrer, Referendare und Zusatz-Kräfte eine knappe Hundertschaft ausmachen.Hügle muss mit seinem Personal haushalten. Trotz des Einsatzes von Kräften, die er über das "Projekt erweiterte Selbständigkeit" (PES) des Landes finanzieren kann, ist die Decke kurz. Immerhin sei es gelungen, den Unterrichtsausfall zu halbieren, sagt der Schulleiter. Dass es immer noch zu viel ist, weiß er auch.Das AVG ist derzeit mehr gefragt als je zuvor. Angesichts der Anmeldungs-Schwemme muss man im nächsten Schuljahr fünfzügig beginnen. Der Run hängt auch mit der seit drei Jahren angegliederten Hochbegabten-Schule zusammen. Was anfangs misstrauisch als "Elite-Förderung" beschnuppert wurde, hat der ganzen Schule Türen geöffnet, die sonst verschlossen geblieben wären. Ganztags-Angebot samt Infrastruktur, innovative Arbeitsformen, schulpsychologische Betreuung: "Wir profitieren alle von den positiven Auswirkungen", sagt Hügle. Die von manchen befürchtete Zweiteilung der Schule sei ausgeblieben, versichert die Leiterin des Hochbegabtenzweigs, Elfriede Mommenthal-Aymanns. Man begreife diesen Sektor "als Erweiterung des gesamten Bildungsangebots, nicht als Schule in der Schule".Hochbegabte keine "Schule in der Schule"

Das "sehr innovative Kollegium" (Selbsteinschätzung Hügle) probiert neue Wege aus. Ein modern ausgestattetes Selbstlernzentrum samt schülerfreundlicher "Lernlandschaft" bringt Montessori-Ideen in die Schule, auf Eigenständigkeit der Schüler setzt auch die "Portfolio-Arbeit". Konsequenterweise versucht man, über eine "Assembly" genannte Schulversammlung die Schüler an der Gesamt-Verantwortung für ihr Gymnasium zu beteiligen. Es gibt eine aktive Schülervertretung, die Schülerzeitung "Auguste" sortiert sich nach einem Generationswechsel gerade wieder neu. Dank starker Beteiligung von Schülern und Lehrern hat sich das AVG als anerkannte "Unesco-Projekt-Schule" etabliert, das nachhaltige Engagement für Schulen in Indien prägt seit Jahren den Ruf des Hauses. Die internationale Ausrichtung zeigt sich auch daran, dass unter den Schülern ungewöhnlich viele Nationalitäten vertreten sind.Mit den Problemen seiner Schule geht Hügle nicht gerne hausieren. Aber sie liegen auf der Hand. Das AVG platzt aus allen Nähten, und etliches ist hoffnungslos veraltet. Der Werk-Unterricht leidet ebenso unter mangelnder Raumausstattung wie die Naturwissenschaften. "Das ist noch der Stand von 1960", berichtet der Direktor. Es fehlen "Kreativräume", die schicke neue Mensa im Hof ist noch eine halbe Baustelle. Es gibt einen "Baumaßnahmen-Plan", aber dessen Umsetzung ist angesichts der städtischen Finanzlage mehr als zäh. "Alles läuft viel zu langsam", sagt Bernhard Hügle mit Blick auf die dynamische Entwicklung seiner Schule. Inzwischen versucht man, sich selbst zu helfen. Im Jahr 2004 führte man einen "Lehr- und Lernmittelfonds" ein, in den Eltern freiwillig 24 Euro pro Jahr einzahlen können. Eine Reaktion darauf, dass in der Geografie noch alte Karten mit der DDR genutzt wurden und in der Physik sechs Schüler ein Mikroskop teilen mussten. Die vom Elternbeirat gestartete Initiative sorgte seinerzeit für heftige Grundsatzdiskussionen über die Frage, ob Schüler-Familien künftig auch noch die Elementar-Ausstattung der Schulen privat finanzieren sollen. Aber die Idee setzte sich durch, bis heute macht die Hälfte der Eltern mit - was die winzige Anschaffungs-Kasse, die die Stadt der Schule zur Verfügung stellt, erheblich entlastet. Ebenso wie Stiftungen und Kooperationspartner. Aus ihrem Engagement beziehen die Eltern das Selbstbewusstsein, sich in die schulpolitische Debatte einzuschalten: Niemand hat so vehement den Schulentwicklungsplan gefordert wie der AVG-Elternbeirat. Infos: www.AVG-Trier.deAm Montag in unserer Serie: Die Grundschule Ehrang.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort