Ausbildung hinter Gittern

Um jugendlichen Straftätern nach ihrer Haftentlassung den Start ins Berufsleben zu erleichtern, hat die Handwerkskammer (HWK) Trier in Zusammenarbeit mit der Jugenstrafanstalt Wittlich ein Modellprojekt ins Leben gerufen. Zurzeit ermöglicht es den Jugendlichen, in der Haftanstalt eine Ausbildung zum Gebäudereiniger zu absolvieren. Weitere Ausbildungsbereiche sind bereits in Planung.

Trier/Wittlich. (red) Im Rahmen eines Modellprojektes initiiert die Handwerkskammer Trier (HWK) berufsvorbereitende Maßnahmen in der Jugendstrafanstalt Wittlich.

Um die berufliche und persönliche Entwicklung der jugendlichen Strafgefangenen zu fördern, hat die HWK in enger Abstimmung mit der Anstalt und dem Justizministerium nun erste Bausteine aus dem Ausbildungsberuf "Gebäudereiniger" erfolgreich auf den Weg gebracht.

Ausbildung in kurzen Einheiten



In der Jugendstrafanstalt Wittlich sind etwa 170 bis 180 Jugendliche zwischen 14 und 24 Jahren inhaftiert. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt zurzeit 13 Monate. Dies ist ein Zeitraum, der nicht im Geringsten ausreicht, um eine dreijährige Ausbildung zum Tischler oder Metallbauer in den Ausbildungswerkstätten der Haftanstalt zu absolvieren.

Hier leistet das HWK-Projekt mit kurzen, vierwöchigen Qualifizierungsbausteinen Abhilfe. Diese Qualifizierungsbausteine bieten auch den jugendlichen Straftätern mit kurzen Strafzeiten die Möglichkeit, sich bereits während der Haft berufs- und praxisnah auf eine Ausbildung in Freiheit vorzubereiten und vergrößert damit ihre Chance, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen.

Rolf Weber (Name von der Redaktion geändert) wird in vier Monaten entlassen. Der 20-Jährige hat das Qualifizierungsangebot der HWK gerne angenommen und zusammen mit einem Mithäftling von Februar bis Mai vier Bausteine im Gebäudereinigerhandwerk durchlaufen.

Auch Vollzugsbeamte drücken die Schulbank



"Das kann mir helfen, draußen einen Job zu bekommen", so Weber, der erste Einblicke in das berufsmäßige Pflegen von Fußböden und Glasflächen sowie den umweltgerechten Umgang mit Reinigungsmitteln gewinnen konnte. Das Interesse ist geweckt: Wenn er die Chance erhält, will Rolf Weber auf jeden Fall nach seiner Entlassung eine Ausbildung als Gebäudereiniger beginnen.

Aber auch die zuständigen Vollzugsbeamten mussten im Vorfeld des Projekts erst einmal die Schulbank drücken. An der Fachakademie für Gebäudemanagement wurden die Beamten mit neuen Verfahren und Anwendungstechniken sowie dem Ablauf von Arbeitsprozessen beim Gebäudereinigen vertraut gemacht und entsprechend geschult.

Zurück in der Jugendstrafanstalt konnten die Beamten die Arbeitsabläufe bei den Reinigungsarbeiten in den Hafträumen, Fluren und Verwaltungsbüros mit dem Hintergrundwissen aus den Schulungen für die Vermittlung in den Qualifizierungsbausteinen neu organisieren.

Das hatte einen positiven Nebeneffekt: Die Arbeiten der Gefangenen wurden in Bezug auf Qualität und Arbeitstempo deutlich verbessert und von den Jugendlichen auch viel bewusster durchgeführt.

Die HWK-Mitarbeiter sind nun dabei, Qualifizierungsbausteine auch in anderen Arbeitsbereichen der Haftanstalt einzuführen. So wird die Werkhalle derzeit für Qualifizierungsbausteine aus dem Ausbildungsberuf "Lager und Logistik" vorbereitet. Hier baut die Jugendstrafanstalt Wittlich eigens eine Halle zu Trainingszwecken um.

In enger Absprache mit der Industrie- und Handelskammer Trier wurden die für die Werkhalle zuständigen Vollzugsbeamten trainiert und zusätzlich zum Ausbilder für Gabelstaplerfahrer ausgebildet.

Das Modellprojekt wird aus Mitteln des rheinland-pfälzischen Justizministeriums gefördert. Bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz sollen die von den Kammern zertifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten dabei helfen, einige der durch die Haftstrafe aufgebauten Hürden bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz abzubauen.

Vorbereitung auf das Leben nach der Haft



Wenn alle Bausteine eingeführt sind, erhalten zusätzlich rund 50 jugendliche Straftäter mit kurzen Strafzeiten in der Haftanstalt die Möglichkeit, sich über die Qualifizierungsbausteine für den Start in ihr Leben nach der Haft vorzubereiten.

Damit leistet das Modellprojekt der HWK einen wichtigen Beitrag bei der Integration der Gefangenen in das normale Arbeits- und Berufsleben. Darüber hinaus erhofft sich die Kammer, dass begabte Gefangene ihren Weg ins Handwerk finden und zu dringend benötigten Fachkräften ausgebildet werden.

Weiterführende Informationen über das Projekt erteilt Carl-Ludwig Centner, Handwerkskammer Trier, Loebstr. 18, 54292 Trier, Telefon 0651/207103.

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