Autobrände: Feuerteufel zündelt in Trier-Nord - Interview mit Polizei-Experten (Video: Umfrage)

Trier · Schon wieder brennen Autos - diesmal in Trier-Nord. Der Trierische Volksfreund hat Experten gefragt, was die Täter antreibt.

 Diesen Hyundai und ein Fahrrad traf es in der Nacht zum Dienstag.

Diesen Hyundai und ein Fahrrad traf es in der Nacht zum Dienstag.

Foto: Floran Blaes

Nach mehreren Auto-Bränden in den vergangenen Monaten sind zwei Autos im nördlichen Trier in Flammen aufgegangen: In der Nacht von Sonntag auf Montag an der Straßenecke An der Feldport/Herzogenbuscher Straße . Und in der Nacht zum Dienstag, gegen 2.30 Uhr, in der Herzogenbuscherstraße . Dort war der Hyundai i20 unmittelbar vor dem so genannten Studierturm geparkt, ein hohes Appartementhaus. Die Feuerwehr verhinderte zwar, dass die Flammen auf die Fassade übergriffen. Durch die große Hitze wurden aber das Haus und ein weiteres Auto beschädigt. Den Sachschaden schätzt die Feuerwehr auf 20.000 Euro. Verletzt wurde niemand.

Die Polizei geht in beiden Fällen von Brandstiftung aus. "Und davon, dass möglicherweise beide Male dieselben Täter am Werk waren", sagt Polizeisprecher Uwe Konz. Beim Brand in der Nacht zum Montag hatte ein Zeuge zwei Personen in der Nähe des brennenden Autos gesehen. "Nach diesen beiden suchen wir auch im Zusammenhang mit dem zweiten Brand", sagt Konz.
Was treibt die Täter an? Warum sind sie so schwer zu fassen? Darüber hat der TV mit Experten der Polizeihochschule am Hahn gesprochen. Christine Telser ist Psychologin und Leiterin des Fachgebiets Sozialwissenschaften. Kriminalhauptkommissar Josef Recktenwald unterrichtet Kriminalwissenschaften.

TV: Besonders gerne stecken Brandstifter offenbar Autos an. Warum?
Recktenwald: "Autos sind verfügbar - sie stehen überall gut zugänglich herum. Dazu kommt, dass es nur ein Streichholz oder ein Feuerzeug braucht, um ein Auto in Brand zu setzen - Brandbeschleuniger ist gar nicht notwendig. Und dann der Effekt: Ein Auto in Flammen sieht ziemlich beeindruckend aus."

Was treibt Brandstifter an?
Telser: "Die wenigsten sind Pyromanen - also Leute, die aufgrund eines psychiatrischen Problems gar nicht anders können, als Feuer zu legen. Häufig geht es dagegen darum, Macht zu haben, der Gedanke ,Ich entscheide, ob das Auto brennt oder nicht.' Es kann auch Neid dahinterstecken - obwohl dann eher teure Luxusautos brennen. Oder Hass oder Wut - auf eine bestimmte Person oder allgemein. Für Leute, die von solchen Motiven getrieben sind, ist Brandstiftung nur ein Weg von vielen - genauso gut könnten es Vandalismus sein."

Gibt es so was wie ein Täterprofil?
Telser: "Viele Täter sind jung, männlich, zu Fuß unterwegs und zumindest leicht alkoholisiert. Es gibt auch Frauen, die Brände legen, aber viel seltener als Männer."
Recktenwald: "Häufig sind es Einzeltäter, aber es gab durchaus schon Fälle, wo Gruppen gemeinsam gehandelt haben - aus Frust und Langeweile etwa."

Stimmt es, dass Brandstifter immer größere Sachen anzünden?
Telser: "Einen Reiz immer weiter steigern zu wollen, ist typisch für alle Menschen. Lernt ein Brandstifter etwa bei den ersten kleineren Bränden, dass er vermeintlich alles gut im Griff hat und er nicht erwischt wird, kann es sein, dass er sich an größere Dinge wagt - nach Papiertonnen halt Autos und dann irgendwann vielleicht auch so was wie Scheunen oder gar Häuser."

Warum ist es offenbar so schwer, Brandstifter zu ermitteln?
Recktenwald: "Brandstifter sind meist zu Fuß unterwegs - und können sich so unbemerkt entfernen oder sich unter eine Gruppe Leute mischen. Sie fallen dann kaum auf. Dazu kommt, dass ein Auto leicht anzuzünden ist - es gibt nicht viele Spuren. Und durch das Feuer können Hinweise auf die Täter natürlich auch zerstört werden."

Was kann der Bürger tun?
Telser: "Aufmerksam sein! Wenn Unbekannte nachts durch die Straße schleichen, kann man ruhig mal ein Auge auf diese werfen oder sie sogar ansprechen. Wer sich beobachtet fühlt, zündelt nicht. Wem etwas verdächtig vorkommt, der soll ruhig zweimal hinschauen - auch, damit er potenzielle Täter anschließend der Polizei beschreiben kann."

Im Zusammenhang mit den Autobränden in Trier-Nord sucht die Polizei Zeugen. Beobachtet wurden in der Nacht zum Montag zwei Personen. Eine davon soll zwischen 180 und 185 Zentimeter groß sein und eine dunkle Jacke aus Nylon getragen haben. Die zweite Person sei etwa 175 Zentimeter groß und mit einem dunklen Kapuzenpullover bekleidet gewesen. Hinweise an die Kriminalpolizei Trier, Telefon 0651/9779-2290.IMMER WIEDER BRENNENDE AUTOS

Juli 2017: Innerhalb von zwei Tagen brennen bei Trier-Pfalzel zwei Autos. Die Polizei prüft einen Zusammenhang, "wegen der zeitlichen und örtlichen Nähe", sagt Kripo-Sprecher Clemens Weber.
Juni 2017: In Zemmer-Rodt, etwa neun Kilometer von Pfalzel entfernt, brennt ein Auto. Auch diesmal geht die Polizei von Brandstiftung aus. Es ist der vierte Autobrand seit Jahresbeginn in dem kleinen Ort. Auch an Neujahr, Ende Januar und Ende Februar hatten Brandstifter zugeschlagen.
Oktober 2016: Brandserie in Trier-Ruwer: In zwei Nächten in Folge zünden Unbekannte drei Autos an.
August 2016: In einer Garagenanlage im Trierer Busental brennen drei Autos aus. Die Polizei vermutet Brandstiftung.
Weder die Fälle in Trier-Nord, in Zemmer-Rodt noch in Ruwer oder im Busental wurden bislang aufgeklärt.
Zwischen 2003 und 2007 gingen bei der bislang größten Serie von Autobränden in Neu-Kürenz, rund um die Uni, 25 Autos in Flammen auf. Die Polizei überprüfte mehrere Verdächtige, konnte aber keinen Täter ermitteln.
Im Mai 2017 nahm die Polizei einen 28-Jährigen fest. Vorgeworfen wurde ihm, ab Februar 2014 insgesamt 14 Brände in Trier-Zewen gelegt zu haben - keine Autos, sondern Gartenhäuser, Schuppen und ein Wohnwagen. Der Verdächtige ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und war durch "auffälliges Verhalten" in den Fokus der Polizei geraten. Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, sie legt dem jungen Mann allerdings nur noch drei Brände zur Last. Warum ihm die weiteren Brände nicht mehr vorgeworfen werden, wird die Gerichtsverhandlung zeigen, die am 13. November beginnt. Umfrage

Christian B. (29), Trier: "Ich wohne direkt oben drüber und habe das Zischen und den Knall gehört. Die ganze Fassade hat orange geleuchtet. Ich habe auch gehört, dass es am Tag vorher schon gebrannt hat. Jetzt hab ich ehrlich gesagt ein bisschen Schiss, mein Auto die nächste Nacht hier stehen zu lassen. Keiner weiß, ob es heute Nacht nochmal brennt. Ich überlege, ob ich mir lieber einen anderen Platz suche. Vielleicht kann man ja auf dem Rewe-Parkplatz parken."

Gabriel N. (22), Trier: "Ich habe davon gar nichts mitbekommen. Am Morgen hatte ich noch gar nicht gesehen, was überhaupt passiert ist. In der Nacht habe ich die Feuerwehr gehört, bin aber in der Wohnung geblieben. Ich bin ein bisschen geschockt von dem, was hier passiert ist und überlege auch, ob ich mein Auto nicht in die Garage oder woanders hin stellen soll."

Franca B. (18), Trier: "Mein Auto stand direkt neben dem brennenden Auto. Ich weiß nicht, ob ich jetzt überhaupt noch mit dem Auto herkomme oder ob ich mir lieber eine Fahrgemeinschaft suche. Ich weiß auch nicht, ob ich damit noch fahren kann, die Reifen könnten ja beschädigt sein. Am liebsten würde ich auch woanders parken, aber die Frage ist wo. Die Tiefgarage kostet leider 30 Euro im Monat. (kitt)

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