Bäcker im Dunstkreis der Bibel

TRIER. Weltweit verehren Wissenschaftler Nikolaus von Kues als einen der größten Philosophen in der Geschichte. Nahe seinen biographischen Wurzeln verwaltet die Trierer Cusanus-Gesellschaft das geistige Vermächtnis des mittelalterlichen Vordenkers - nun unter neuer Federführung und mit einem weltumspannenden Forschertreffen.

"Prediger sind wie Bäcker", hat der Universalgelehrte und Kardinal Nikolaus von Kues verglichen. "Genau wie Vollkornbrötchen oder feines Gebäck" müsse eben auch geistige Nahrung variantenreich und immer auf den "Kunden" zugeschnitten sein, erklärt Wolfgang Lentzen-Deis, der neue Vorsitzende der Cusanus-Gesellschaft lachend. Seit diesem Monat liegt es an ihm, der Allgemeinheit Appetit auf die teils schwere lateinische Kost des Cusanus zu machen. Wie der theologische "Bäckermeister" Nikolaus von Kues vor 550 Jahren ist auch Lentzen-Deis vom Fach: Der 66-jährige Priester ist Religionspädagoge und war zuletzt Rektor der Theologischen Fakultät Trier. Nun ist der agile Gottesmann, statt sich zur Ruhe zu setzen, aufgestanden, um Cusanus "in die kirchlichen Akademien, in die Volkshochschulen und die allgemeine Erwachsenenbildung" zu tragen. Die Popularität des großen Denker hatte auch Amtsvorgänger Helmut Gestrich über 30 Jahre lang zu wecken und wachzuhalten versucht. Das zum Museum ausgebaute Cusanus-Geburtshaus in Bernkastel-Kues verdankt sich seinem unermüdlichen Wirken. Nikolaus von Kues als den größten Rheinland-Pfälzer zu bezeichnen. "Eine lächerliche Untertreibung" habe Gestrich einmal gesagt, weiß Laudator Klaus Kremer.Weltweite Faszination

Mit einer internationalen Fachversammlung fängt der Arbeitsprozess des neuen Vorsitzenden der Cusanus-Gesellschaft Lentzen-Deis nicht gerade mit kleinen Brötchen an: Forschungsvertreter aus elf europäischen Ländern von Portugal bis Finnland belegen das europäische Wissenschaftsinteresse. Und sogar aus Japan, Argentinien, den USA und Nigeria schwappt die Faszination um den in Kues geborenen Denker in die Aula der Theologischen Fakultät. Innovative Ideen und Ansichten im Grenzbereich zwischen Naturwissenschaften, Mathematik und Philosophie haben Cusanus berühmt gemacht. Dabei seien die Kirchenschriften zu lange ins Hintertreffen geraten, findet Lentzen-Deis. Außerdem möchte der neue Vorstand verstärkt die Jugend in den Schulen mit den ganzheitlichen Erkenntnislehren befruchten. "Eine neue Generation ist im Aufbruch" weist Lentzen-Deis über die ergrauten Häupter der meisten Symposiumsteilnehmer hinweg in die Forschungszukunft. Sein Blick landet bei Anja Ruzika: Die 25-jährige Philosophie- und Geschichtsstudentin will über Cusanus promovieren. "Seine schillernde Persönlichkeit und Menschlichkeit" fesseln auch sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort