"Bald wie in einer Westernstadt"

MARIAHOF. Die Einzelhändler sehen ihre Ladenpassage im Zentrum vor dem Aussterben. Dabei ist das Angebot vergleichsweise sehr gut. Deshalb soll die Passage offener und attraktiver gestaltet werden, um wieder mehr Kunden anzulocken.

Wer in Mariahof seine Zelte aufschlägt, findet eine Rund-um-Versorgung vor: Ein Allgemeinmediziner, eine Apotheke, eine Sparkasse, ein Schreibwarenladen, zwei Bäckereien, zwei Gaststätten, ein Frisör, ein Sonnenstudio, ein Supermarkt, ein Blumenladen, ein Getränkemarkt, eine Versand- sowie eine Postagentur bieten ihre Dienste feil. Doch unter den Einzelhändlern herrscht schon lange nicht mehr eitel Sonnenschein. Immer weniger Mariahofer nutzen die Einkaufsmöglichkeiten direkt vor der Haustür. Passagenfest als Kundenmagnet?

Der Inhaber der Apotheke Mariahof, Henning Groß, ist seit 13 Jahren in der Ladenpassage und damit dort der dienstälteste Geschäftsmann. "Ich habe mich hier immer wohl gefühlt", versichert der Apotheker. Aber zunehmend plagen ihn Sorgen. Seit Januar haben seine Sorgen einen Namen: "Gesundheitsmodernisierungsgesetz". Die Folge der neuen Gesetzgebung: "Die Leute gehen seltener zum Arzt. Und wenn sie gehen, bekommen sie weniger Rezepte. Daher sind meine Einkünfte aus Rezepten weggebrochen". Wenn seine Kunden dann doch die teuren Rezeptgebühren bezahlt haben, bleibe ihnen weniger Geld für "Nebeneinkäufe" in seiner Apotheke. Mit diesem Problem kämpft Groß wie alle seine Apotheker-Kollegen. Doch speziell in Mariahof bemerkt er auch ein verändertes Kaufverhalten: Seitdem der große Supermarkt in Heiligkreuz seine Pforten geöffnet hat, verirrten sich immer weniger Kunden in die Ladenpassage. Seit Herbst letzten Jahres stehen die Mariahofer außerdem an zwei Tagen der Woche bei der Zweigstelle der Sparkasse vor verschlossenen Türen. An solchen Tagen wartet der Apotheker oft vergeblich auf Kundschaft. Eine große Chance sieht er in der Verschönerung der Ladenpassage. Ein Thema, das auch im Rahmen der Bürgerbeteiligung diskutiert wird. Für eine attraktivere Passage will sich auch Johannes Swiderski vom kleinen Edeka Supermarkt einsetzen. Um die Ladenpassage lebhafter und offener zu machen, soll der große Blumenkübel, der die Sicht in die Passage versperrt, weichen. Zudem wünscht sich der Einzelhändler Hinweisschilder auf die hinteren Geschäfte. Swiderski könnte sich auch vorstellen, ein kleines Fest in der Passage zu veranstalten. Weil der Lebensmittelladen immer weniger Umsatz einfährt, ist für ihn derzeit fraglich, ob er nächstes Jahr seinen Mietvertrag verlängert. "Man sieht kaum noch Leute hier in der Passage. In ein paar Jahren ist das hier wie in einer Westernstadt", sagt Andrea Hochleichter, Inhaberin des Blumenladens "Stilblüten". Sie kann von den Einnahmen aus dem Blumenladen nicht leben und ist auf die Unterstützung ihres Ehemanns angewiesen. Bänke fehlen nach Meinung von Hans-Jürgen Spoo vom Geschäft "Jojo" in der Ladenpassage. Doch er hat wenig Hoffnung auf ein gemeinsames Vorgehen zur Verschönerung: "Der Neid ist groß unter den Geschäftsleuten hier." Eine attraktivere Ladenpassage ist dennoch für die meisten Ladeninhaber der letzte Strohhalm. Sie appellieren an die Mariahofer, dann wieder stärker die Angebote vor ihrer Haustür nutzen. Sonst gehen in den Läden wohl endgültig die Lichter aus. "Das Gemeinschaftsgefühl sollte da sein, dass jeder hier in Mariahof in der Ladenpassage einkauft und sie so für alle anderen am Leben erhält", wünscht sich auch Ortsvorsteherin Maria Marx.

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