Begehrt und teuer: Wohnraum in Trier

Trier · Die Zahl der Asylbewerber sinkt. Dennoch bleibt die Situation auf dem Wohnungsmarkt angespannt. Auf den Neubau von 31 Sozialwohnungen in Mariahof will die Stadt nicht verzichten.

 Der Platz am Hofgut Mariahof: Hier werden ab Juni 31 neue Sozialwohnungen gebaut. Wie die neuen Häuser aussehen werden, will die Stadtverwaltung noch im April der Öffentlichkeit vorstellen.

Der Platz am Hofgut Mariahof: Hier werden ab Juni 31 neue Sozialwohnungen gebaut. Wie die neuen Häuser aussehen werden, will die Stadtverwaltung noch im April der Öffentlichkeit vorstellen.

Foto: Rainer Neubert

Wenn die Trierer Ratsmitglieder am Donnerstag wieder zu einer langen Sitzung im Rathaussaal zusammenkommen, wird das Thema Stadtentwicklung wie fast immer eine große Rolle spielen. Mit der endgültigen Entscheidung zum Neubau von 31 Sozialwohnungen auf dem großen Platz neben dem Hofgut Mariahof - sie sollten ursprünglich zunächst ausschließlich für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden - kommt auch wieder die Diskussion über den Flächennutzungsplan 2030 mit ins Spiel. Denn die Entscheidung für das 30 Hektar große Entwicklungsgebiet Brubacher Hof macht nach Ansicht etlicher Mariahofer das aus ihrer Sicht ungeliebte Bauprojekt auf dem Platz überflüssig. Das zeigen 1000 Unterschriften einer entsprechenden Petition.

Der Trierische Volksfreund hat die wichtigsten Fragen und die Argumente der Stadtverwaltung zu dem Projekt aufgearbeitet.

Die Zahl der Asylbewerber, die der Stadt Trier zugewiesen werden, ist deutlich zurückgegangen. Warum wird das Bauprojekt dennoch benötigt?
Zwar geht die Zahl der neuen Asylbewerber zurück. Dennoch leben in Trier derzeit so viele Asylsuchende, Flüchtlinge und nunmehr anerkannte Asylbewerber wie nie zuvor, für die Wohnraum benötigt wird. Viele dieser Menschen, die keine Residenzpflicht mehr haben, kommen auch aus den benachbarten Kreisen. Weil es auch ohne Migranten zu wenige Sozialwohnungen in der Stadt gibt, wird das Projekt beibehalten - in modifizierter Form.

Welche Veränderungen gibt es konkret im Vergleich zur bisherigen Planung?
Das Raumprogramm ist nun auf die Vorgaben des sozialen Wohnungsbaus angepasst und erweitert worden. So müssen mehr Wohnungen behindertengerecht gebaut werden. Es gibt mehr Abstell-, Lager- und Trockenräume. Gebaut werden nun auch Balkon und Terrassenflächen. Als reine Flüchtlingsunterkunft war keine Freiraumgestaltung vorgesehen. Alleine dafür müssen nun 750?000 Euro mehr investiert werden. Die bebaute Fläche auf dem Platz vergrößert sich von zunächst geplanten 830 Quadratmetern auf 1132 Quadratmeter. Durch den erhöhten Platzbedarf im Vergleich zur Planung für eine reine Flüchtlingsunterkunft steigt die Gesamtfläche aller Geschosse um etwa 1000 Quadratmeter auf 3395 Quadratmeter. Dadurch wird das Projekt teurer. Insgesamt rechnet die Stadt nun mit Kosten in Höhe von 5,35 Millionen Euro. Davon fördert das Land 3,02 Millionen Euro.

Wann wird die Detailplanung der Öffentlichkeit vorgestellt?
Planung und Bau sollen aus einer Hand erfolgen. Die Leistungen für das schlüsselfertige Projekt sind europaweit ausgeschrieben worden. Um mögliche Regressansprüche der Anbieter zu vermeiden, präsentiert die Stadt die Detailplanung der Öffentlichkeit erst nach Abschluss des formalen Vergabeverfahrens. Geplant ist das in den nächsten Tagen.

Wann wird mit dem Bau begonnen?
Die Stadtverwaltung rechnet mit dem Start der Arbeiten im Juni.

Im Entwicklungsgebiet Brubacher Hof sollen viele neue Sozialwohnungen entstehen. Warum wird im Gegenzug nicht der Platz frei gehalten und als neuer Mittelpunkt oder Verknüpfungspunkt für den alten und neuen Teil von Mariahof genutzt?
Nach Ansicht von Baudezernent Andreas Ludwig und seiner Mitarbeiter soll der Bereich Ladenzeile/Kirche/Grundschule auch in Zukunft das Zentrum von Mariahof sein. Der Bereich um das Hofgut soll eine "Verbindungs- und Gelenkfunktion" zwischen dem alten und dem neuen Siedlungsteil sein. Weil im vorgesehenen Baugebiet Brubacher Hof frühestens in vier bis fünf Jahren die ersten neuen Häuser entstehen werden, will die Stadt angesichts des hohen Bedarfs nicht auf den kurzfristigen Bau der 31 Sozialwohnungen am Hofgut verzichten.

Wer wird in die Wohnungen einziehen?
In die Gebäude einziehen können anerkannte Asylbegehrende und Flüchtlinge ebenso wie Menschen ohne Migrationshintergrund, die Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Eine besonders wichtige Rolle wird das Projekt auch für Menschen in Mariahof haben, die in einer sanierungsbedürftigen städtischen Wohnung leben. Auch ihnen sollen die neuen Wohnungen übergangsweise oder auf Dauer angeboten werden.

Die Petition der Mariahofer Bürger gegen das Projekt ist vom Bauausschuss des Stadtrat mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Wohnungsmieten und Kaufpreise: Noch keine Entspannung in Sicht


Wer in Trier eine Wohnung sucht, braucht viel Glück und Geduld. Nicht ohne Grund spricht Oberbürgermeister Wolfram Leibe von einer "Schwarmstadt". Weil von der Bevölkerungszahl auch der Zustand der Infrastruktur und die Handlungsspielräume der Stadtverwaltung abhängen, soll Trier auch in den kommenden Jahrzehnten wachsen. Doch weil das Angebot knapp ist, werden Miete und Wohnungseigentum immer teurer.

Die Beantwortung einer Anfrage der SPD-Fraktion im Trierer Stadtrat durch Baudezernent Andreas Ludwig (CDU) bietet viele interessante Erkenntnisse. So ist die Bevölkerungszahl seit dem Jahr 2010 von 105?260 auf 114?914 Einwohner gestiegen. Auch ohne die hohe Zahl der zugewanderten Flüchtlinge war der Anstieg groß. Bis zum Jahr 2030 geht das Statistische Landesamt in seiner mittleren Schätzung von 112?410 Menschen aus. Das wäre 5180 mehr als im Jahr 2013.

Der jährliche Neubaubedarf von 500 bis 600 Wohneinheiten wurde in den vergangenen sechs Jahren nicht erreicht. Durchschnittlich nur 327 Wohneinheiten sind in dieser Zeitspanne jährlich fertiggestellt worden.

Das zunehmende Unterangebot bei gleichzeitiger Zunahme finanzstarker Mieter und Hauskäufer aus Luxemburg hat in Trier zu enormen Preissteigerungen geführt. Wie die Untersuchungen zum Flächennutzungsplan ergeben haben, führte das zur Abwanderung insbesondere von jungen Familien in das Umland.

So gehört der Trierer Wohnungsmarkt zu den wachsenden Wohnungsmarktregionen in Deutschland. Die Preissteigerungen sind hoch: Seit 2010 haben sich nach Angabe des unabhängigen Gutachterausschusses die Grundstücke in der Innenstadt um 44 Prozent verteuert, in Randlagen der Stadt um bis zu 28 Prozent. Keine Wertentwicklung gab es lediglich in den nordwestlichen Stadtteilen.

Ein Quadratmeter Bauland in der Innenstadt kostet demnach zwischen 590 und 890 Euro. In Trier-Süd werden bis zu 445 Euro verlangt. 240 bis 475 Euro kostet der Quadratmeter Land in typischen Wohn- und Mischgebietslagen in Trier-Nord. Bis zu 420 Euro müssen in Trier-Ost gezahlt werden. Trier-West ist mit 220 bis 250 Euro pro Quadratmeter vergleichsweise günstig. Nach derzeitigen Schätzungen der Stadtverwaltung könnte der Preis in den geplanten Entwicklungsgebieten Zentenbüsch (Ruwer) und Brubacher Hof (Mariahof) bei 240 Euro pro Quadratmeter liegen.

Enorm verteuert haben sich neue Eigentumswohnungen. Nach Angaben der Investitions- und Strukturbank (ISB) Rheinland-Pfalz beträgt die Preiserhöhung seit 2008 enorme 70 Prozent. Zum Vergleich: Im Land liegt die Teuerung bei 19,7 Prozent.

Weniger dramatisch ist die Preisentwicklung bei den Einfamilienhäusern. Zwischen 2008 und 2015 wurden diese begehrten Immobilien um 19,5 Prozent teurer. Im Landesdurchschnitt lag das Preiswachstum in dieser Zeit bei 12,2 Prozent.

Deutliche Preiserhöhungen gibt es auch bei Mietwohnungen. Angaben dazu machen Gutachterausschuss und ISB für die Zeitspanne 2010 bis 2015. Je nach Entfernung von der Innenstadt sind die Mietpreise für Wohnungen ab 40 Quadratmeter demnach um 17 bis 22 Prozent gestiegen. Studentenappartements wurden zwischen zwölf Prozent und 25 Prozent (Innenstadtlage) teurer.

Die Preissteigerung bei neuen Mietverträgen liegt nach Angaben der ISB bei 35,9 Prozent, allerdings bezogen auf die Zeitspanne 2005 bis 2015.

In Rheinland-Pfalz musste im Jahr 2015 bei Neuvermietungen nur in Mainz mehr gezahlt werden als in Trier. Während in der Landeshauptstadt im Durchschnitt 10 Euro pro Quadratmeter fällig wurden, waren an der Mosel 8,25 Euro zu zahlen.

Gemessen am Haushaltseinkommen steht Trier bei den Wohnkosten im Bundesvergleich der teuersten Städte auf Rang acht. Durchschnittlich 21,9 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens müssen nach Ermittlungen des Internetportals Immobilienscout 24 in Trier für die Kaltmiete aufgebracht werden.

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