Beim Spurwechsel kracht es auf Trierer Straßen zu oft

Trier · Eine Expertengruppe nimmt jedes Jahr die Stellen unter die Lupe, an denen sich mehr als fünf Unfälle gleicher Art ereignet haben. Doch es wird nicht besser, im Gegenteil: Die Unfallzahlen steigen fast überall. Das Martinsufer ist wieder Schwerpunkt Nummer eins.

Manchen Fahrern rauscht ein eisiger Schreck in die Glieder, andere sehe die Lage ganz pragmatisch: Oh Mann, ich bin ja auf der falschen Spur unterwegs. Die Konsequenz: Sie tippen den Blinker kurz an oder ignorieren ihn gleich, denn es lohnt sich ja eigentlich nicht, und ziehen rüber auf die andere Spur.

Fehler und Unachtsamkeiten sind massive Probleme im Trierer Straßennetz und feste Größen in der Unfallstatistik. 4300 Mal krachte es 2016 auf den Trierer Straßen. Wenn an einer bestimmten Kreuzung oder Abzweigung innerhalb eines Jahres mehr als fünf Unfälle gleicher Art verursacht werden, gilt dieser Punkt als Unfallhäufungsstelle. Eine Kommission von Experten städtischer Ämter, der Polizei und des Landes Rheinland-Pfalz analysiert diese Häufungsstellen jedes Jahr und versucht, die Gefahren zu entschärfen. Doch das ist der Kommission bis jetzt offensichtlich nicht gelungen. Im Gegenteil: Es wird schlimmer, die Unfallzahlen steigen an.

Martinsufer/AusoniusstraßeDiese Kreuzung hat seit Jahren einen Stammplatz an der Spitze der Schwerpunkte. Die Kommission hat versucht, die unfallverursachenden Spurwechsel mit Schwellen als Begrenzungen der Fahrbahnen zu verringern und hatte damit auch zunächst Erfolg. 2014 sank die Zahl der Unfälle von 31 auf 17. Doch 2015 stiegt sie wieder auf 30. 2016 sieht es noch schlechter aus: Mit 47 Unfällen steht die Kreuzung einsam an der Spitze der Häufungsstellen.

St. Barbara-Ufer/Südallee Mit 37 Unfällen, vier mehr als 2015, steht diese Kreuzung auf Platz zwei. Doch da täglich 40000 Fahrzeuge an dieser Uferstraße unterwegs sind, ist die Zahl nach Ansicht der Experten nicht auffällig hoch. Ein Argument, das schon öfter auftauchte, wenn die Kommission die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentierte. Die Expertengruppe hat 2016 die Schutzzeit für Linksabbieger in die Südallee erhöht. Dadurch gingen laut Mitteilung der Stadt die Unfälle zurück, die durch das Fahren über rote Ampeln verursacht wurden.

Abfahrt A602 Bei der Abfahrt der Autobahn am Verteilerkreis Nord in Richtung Ratio kam es auch 2016 durch das Zusammentreffen mehrerer Spuren zu vielen Zusammenstößen. 29 waren es insgesamt, fünf mehr als im Jahr davor. Die Stadt hat die Markierung in diesem Bereich erneuert und die Spurführung teilweise verändert. Von der Autobahn kommend, wurde eine einspurige Führung markiert und die Vorfahrtsberechtigung für Rechtsabbieger geändert.Kaiser-Wilhelm-Brücke Auf der Westseite der Kaiser-Wilhelm-Brücke zählte die Polizei 26 Unfälle, die laut Darstellung der Stadt meist auf Unachtsamkeit zurückzuführen waren. Auch das ist eine klare Steigerung, 2015 waren es noch 15. Ursachen sind oft die plötzlichen Spurwechsel von der Bitburger Straße kommend oder aus Richtung Kölner Straße.

Georg-Schmitt-Platz/Ascoli-Piceno-Straße In diesem Kreuzungsbereich gingen die Unfälle von 25 auf 21 zurück. Es lohnt sich, diesen Wert näher zu betrachten.2015 hatte die Stadt eine der beiden Rechtsabbiegerspuren von der Lindenstraße auf die Ascoli-Piceno-Straße gesperrt. 2016 ereigneten sich daraufhin an dieser Stelle keine Unfälle mehr. Dafür nahmen die Unfälle von Fahrern, die aus der Lindenstraße stadteinwärts links abbogen, deutlich zu. Auch hier sind die Spurwechsel das Problem. Die Kommission beschloss, die Markierungen deutlicher zu machen.Die roten Ampeln Die Kommission hatte bereits im vergangenen Jahr das Rotlicht an zentralen Ampeln von 20 auf 30 Zentimeter vergrößern lassen (der TV berichtete). Das hatte Auswirkungen: Auf der Zurmaiener Straße in Richtung Innenstadt ging die Zahl der Unfälle sowohl an der Kreuzung zur Zeughausstraße als auch auf Höhe der Castelforte-Straße zurück.

Die Expertin Jutta Merten ist die Abteilungsleiterin der Straßenverkehrsbehörde in Trier. Wie erklärt sie den enormen Anstieg der Unfälle im Bereich Martinsufer/Ausoniusstraße? "Allein 24 der 47 Unfälle an diesem Schwerpunkt ereigneten sich im Kreuzungsbereich Kaiser-Wilhelm-Brücke und Katharinenufer, obwohl dort die Straßenmarkierungen ständig überprüft und neu überdacht werden", sagt Merten. Dieser Punkt werde deshalb ab sofort als separate Häufungsstelle gewertet. "Wir vermuten, dass die vielen Unfälle auch durch die unklare Ansage der Navigationssysteme verursacht werden könnten." Die Polizei werde untersuchen, ob hier eher Touristen oder Ortskundige betroffen sind, um diese Vermutung zu bestätigen. "In Trier stellen die Gegebenheiten eine Unfallkommission vor große Herausforderungen", sagt Jutta Merten. "Mittel- und langfristig will die Stadt im Rahmen ihrer Verkehrspolitik den Anteil des ÖPNV und des Radverkehrs steigern, um in der Kernstadt der hohen Verkehrsdichte entgegenzuwirken."

Meinung: Aufpassen!
An den Hauptursachen der Unfälle in Trier kann auch eine aus Experten bestehende Kommission nichts ändern. Zu enge Straßen. Zu viele Autos. Und vor allem Überlastung, Unachtsamkeit, Fahrlässigkeit, Egoismus. Wer mit dem Auto in Trier unterwegs ist, muss sich darüber im Klaren sein, dass er sich einen sehr kleinen und engen Raum mit Tausenden anderen Verkehrsteilnehmern teilt, darunter auch Radfahrer und Fußgänger. Deshalb sind höchste Wachsamkeit und Voraussicht gefragt - und ein Bremsen des eigenen Egos. Dann sinken auch die Unfallzahlen.
j.pistorius@volksfreund.de

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