Beklemmender Dialog

TRIER. (ae) Mit dem Drama "Asche zu Asche" von Harold Pinter gastierte das Kasemattentheater aus Luxemburg im kleinen Saal der Tufa Trier.

Das Stück um einen persönlichen Konflikt mit politischen Dimensionen setzten die Schauspieler Martina Roth und Germain Wagner mit wenig Mitteln, dafür aber mit großer Wirkung um. Ein bisschen vom Pech verfolgt war das Kasemattentheater bei seinem Gastspiel in Trier. Die Publikumsresonanz war eher bescheiden. Dann fiel auch noch das Mischpult aus, was zumindest für eine Vorstellung den Einsatz von dramaturgisch wichtigen Lichteffekten unmöglich machte. Doch was von außen an Stimmung fehlte, kompensierten die beiden Akteure auf der Bühne durch ein dichtes, intensives Spiel, das gespannte Aufmerksamkeit bis Beklemmung hervorrief. "Asche zu Asche", aus dem Spätwerk von Harold Pinter, Nobelpreisträger und meistgespielter englischer Dramatiker nach Shakespeare, ist ein Dialog zwischen zwei Eheleuten. Die Frau, gespielt von Martina Roth, erzählt ihrem Mann von einem Geliebten, dem sie verfallen war. Der habe als "Führer" eine solche Faszination gehabt, dass Frauen ihm ihre Kinder überließen, bevor sie bereitwillig in den Tod gingen. Sie berichtet träumerisch und in Bildern wie zum Beispiel der Hand des Fremden an ihrer Kehle. Der Ehemann reagiert mit Fragen, will bis ins Detail die ganze Wahrheit wissen. Doch bald geht es nicht mehr um die Geschichte und deren fragwürdige Realität allein, sondern um die Veränderungen, die sie in der Beziehung hervorruft. Das macht die mit wenig Mitteln auskommende Inszenierung von Frank Hoffmann deutlich sichtbar. Auf der Bühne stehen sechs Stühle, auf denen die Akteure in unterschiedlichen Positionen zueinander Platz nehmen - entfremdet oder ganz intim, immer aber gänzlich verloren wirkend. Dazu passt das mangels Lichtregie dauerhaft scheinende kalte Licht ganz gut, verschärft auch den Eindruck, den die Dialoge jetzt hinterlassen: Die Protagonisten driften verbal auseinander, versinken in ihren eigenen Welten. Versuche, sich aus Misstrauen und Lügen mittels ritualisierter Gesten in harmlose Realität oder gar einen Neuanfang zu retten, scheitern nicht zuletzt deshalb, weil die politische Dimension immer klarer zutage tritt. Denn der "Führer" ist Bild für alle Willkürherrschaften, die nur funktionieren können, wenn Menschen bereitwillig wie Lämmer ihrem Schlachter folgen. So wie die Ehefrau, die schließlich unter Tränen beichtet, auch sie habe ihr Kind an den "Führer" abgetreten. Das Ende kann nur der Tod sein, auch der der Beziehung. Das signalisiert der einzige und abschließende "Knalleffekt" im Drama, ein hämmerndes Rockmusikstück mit dem Refrain "Asche zu Asche".

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