Bestuhlung Marke Eigenbau

TRIER. Politische Aktion und Präsentation designerischen Könnens in einem: Als Vordiplom-Möbel entwarfen die Studenten der Trierer Fachhochschule in diesem Jahr den "FH-Stuhl" - und protestierten damit gegen die desolate Finanzlageder Bildungseinrichtung.

 Präsentation der Vordiplom-Möbel: Innenarchitektur-Studentin Sarina Möhle zeigt, wie sie sich den FH-Stuhl vorstellt.Foto: Wolfgang Lenders

Präsentation der Vordiplom-Möbel: Innenarchitektur-Studentin Sarina Möhle zeigt, wie sie sich den FH-Stuhl vorstellt.Foto: Wolfgang Lenders

Selbstversorgung an der Hochschule? Was an mittelalterlichen Universitäten üblich war, wird zu Zeiten leerer Kassen wiederaktuell: Als Vordiplom-Möbel mussten die Innenarchitektur-Studenten der Fachhochschule in diesem Jahr einen Stuhl für Seminarräume und Hörsäle entwerfen. 38 Prototypen zeigen sie jetzt in einer Ausstellung. Ob Stapelstuhl mit Papierfach unter dem Sitz, minimalistischer Bürostuhl oder frech-bunter Drehstuhl: Die Ideen der Studenten, wie ihr Arbeitsstuhl aussehen könnte, gehen weit auseinander. Aus der Vielfalt soll eine Jury zwei Modelle aussuchen, die die Studenten in Eigenarbeit in den Werkstätten der FH bauen werden.Kreative Ideen aus der Not geboren

Geldmangel war der Auslöser für das Projekt. Nach einer aufwändigen Renovierung des Jugendstilgebäudes am Paulusplatz zog der Fachbereich Innenarchitektur wieder in sein angestammtes Domizil. Für stilgerechte Möbel aber fehlte aufgrund der miserablen Finanzlage das Geld. "Wir wollen den Fachbereich komplett bestuhlen", erklärte Frank Sander, Professor für Möbel- und Produktdesign. Bis jetzt seien nur einige Räume fertig ausgestattet. Der Professor wünscht sich Stühle, die zu dem Jugendstilgebäude passen und gleichzeitig nicht antiquiert wirken. Sander: "Die Studenten mögen etwas Frisches, etwas ihrem Alter Angepasstes. Auf dem Markt haben wir aber keinen geeigneten, bezahlbaren Stuhl gefunden." Möbeldesign ist eines der Fächer, das die angehenden Innenarchitekten belegen müssen. Von der Idee bis zum Prototypen durchleben sie den kompletten Entwicklungsprozess. Ein Semester lang planten die angehenden Innenarchitekten ihren Stuhl. Die letzten Wochen vor der Präsentation blieben zur praktischen Umsetzung. In verkehrsblau mit der Rückenlehne in Form eines Straßenschilds kommt der Entwurf von Sarina Möhle daher. "Ich habe gestern Abend noch lackiert", verrät sie. "Mit Härter, schließlich musste ich den Stuhl heute Morgen zusammenbauen." Die Studentin rechnet aber nicht damit, dass ihr Modell als FH-Stuhl in Serie geht. "Er ist ein bisschen zu flippig", meint sie. Auf etwa 100 Euro schätzt sie die Kosten für den Bürostuhl - die Sitzschale nicht mitgerechnet. Die Formholz-Rohlinge wurden von der Firma OWI aus Lohr am Main gespendet. Auch für die Produktion des FH-Stuhls will der Sponsor das Holz zur Verfügung stellen. Zu Zeiten leerer Kassen setzt Professor Sander auf die Zusammenarbeit mit der Industrie. Gleich drei Büromöbelfirmen wollen sich die Stühle der Trierer Studenten anschauen.Der Traum von der Produktion

"Es wäre natürlich ideal, wenn ein Modell industriell produziert würde", hofft der Professor. Auch für den Entwickler wäre das kein schlechtes Geschäft. Sander: "Die Lizenzgebühren würden wahrscheinlich zwischen der FH und dem Studenten aufgeteiltwerden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort